Unterm Rad

Radfahrer machen 10 Prozent des gesamten Verkehrs in Berlin aus. Allein im letzten Jahr waren sie in 4,3 Prozent aller Unfälle verwickelt. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das 5.926 zu früh beendete Radtouren. Hans-Joachim Kurth, Verkehrsexperte von der Berliner Polizei, weiß um die Problematik: „Ich bin selbst Radfahrer.“

Er kennt auch die Superlative der Fahrradunfallstatistik. Da wäre zum Beispiel die gefährlichste Ecke Berlins. Die Kreuzung Gneisenaustraße/Mehringdamm. In so manchen Velofreund fuhren Autos hier schon einen Achter rein. Mehrspurig stehen die Autos da, ein bisschen wie bei der Formel-1. Und so wird dann auch gefahren. Kurzer Blick zum Nebenmann, dann schnell Gas geben. Die Radfahrer haben sich diesem darwinistischen Fahrstil angepasst. Pfeilschnell schießen sie über die Kreuzung.

Hier kennt keiner jene Unfallstatistik des letzten Jahres, die Kurth mit mahnender Stimme für die Ecke aufzählt: „Sechsmal abbiegen, zweimal Benutzen der falschen Fahrbahn, einmal mangelnder Abstand.“

Abhilfe sollen verschiedene Initiativen der Polizei schaffen, unter anderem die „Aktion toter Winkel“. Dabei wird Verkehrsteilnehmern demonstriert wie „eine ganze Schulklasse im toten Winkel verschwinden kann“. Notwendig, denn 1.644 Unfälle passierten im Jahre 2002 durch Abbiegefehler von Lkw und Pkw.

Was nicht wundert, wenn man Nummer drei der Unfallorte sieht, die Kreuzung vor der U-Bahn-Haltestelle Eberswalderstraße. Fahrradfahrer, Autos und Tram lassen hier ein Stück Neapel entstehen. Bei dem ganzen fröhlichen Kreuz-und-quer kann man das korrekte Abbiegen schon mal vergessen. – So wie jener Audi-Fahrer, der vor kurzem den letzten großen Crash verursachte. Glücklicherweise überfuhr er keinen Radler. Nur den Kiosk vor der U-Bahn. HBR/RN