Gesucht: Sponsoren für Biber und Adler

An der Peene in Mecklenburg-Vorpommern plant eine Stiftung den ersten privaten Nationalpark in Deutschland. Land, Bund und Umweltverbände begeistert. Eines der größten Moore Europas soll geschützt werden. Dafür braucht es 15 Millionen Euro

VON HANNA GERSMANN

Bibersafari? Noch nie gehört. Mitten in Mecklenburg-Vorpommern, im Peenetal, ist das möglich. Mit der „MS Hamburg“ ab Loitz geht es flussabwärts, an Erlen und Weiden entlang. Das Gebiet ist einzigartig – der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin begab sich vor kurzem dort selbst auf die Öko-Pirsch. Es kommt nicht oft vor, dass er sich mit Bürgermeistern und Bauern einig ist. In der Aue ist er es: Das Gebiet soll Nationalpark werden. Nur: Woher Geld dafür nehmen, wenn die öffentlichen Kassen leer sind? „Von Sponsoren“, sagt nun Michael Succow, Professor an der Universität Greifswald.

Es wäre das erste Mal, dass ein deutscher Nationalpark privat finanziert wird. Horrende Preise für den Eintritt, überall Parkplätze für Autos, querfeldein Wege für Mountainbikes – ist es das, was einen der größten Moorkomplexe Europas erwartet? Dort tauchen Biber, aber auch Fischotter, Seeadler kreisen, Orchideen blühen. Die Peene ist nicht nur wegen der seltenen Tiere und Pflanzen einzigartig. Sie fließt mal vorwärts und mal rückwärts. Bläst der Wind aus dem Osten, wird bei Anklam so viel Wasser aus der Pommerschen Bucht in den Fluss gedrückt, dass er statt zur Mündung – wie es sich gehört – in Richtung Quelle fließt. Das hängt damit zusammen, dass die 100 Kilometer lange Peene in Meeresspiegelhöhe liegt.

Für Landwirte ist das Pech, für Umweltschützer ein Segen: Anders als andere Moore in Deutschland konnte das Peenetal nie richtig trockengelegt, nie völlig in Äcker und Wiesen umgewandelt werden. Deshalb wurde der „Amazonas des Nordens“ auch gleich nach der Wende zum gesamtstaatlichen Naturschutzprojekt erkoren. Das läuft nun aber 2008 aus. Bis dahin werden mehr als 30 Millionen Euro in das 20.000 Hektar große Gebiet geflossen sein. Zwei Drittel davon kommen vom Bund. 5.000 Hektar Land werden den Bauern abgekauft, 35 Polder zurückgebaut, zahlreiche Gräben verschlossen sein. Darüber hinaus wollen oder können nun aber weder Bund noch Land zahlen. Rügens Kreideküste, die Boddenlandschaft und die Müritz: „Mecklenburg-Vorpommern kümmert sich schon um drei der bislang 15 Nationalparks in Deutschland“, sagt Trittin. Deren Pflege kostet viel Geld.

Den Nationalpark Peene wollen aber selbst die Bürgermeister der Region. Das ist selten. Andernorts wird häufig geklagt, die Naturschützer drangsalierten Bauern und Unternehmer. Die meisten im Peenetal hoffen hingegen: Mit einem Nationalpark kämen auch mehr Touristen. Michael Succow, Moorforscher und Träger des Alternativen Nobelpreises, hat schon erste Gespräche mit möglichen Sponsoren geführt: „Ernst zu nehmende Firmen sind bereit, sich an derart Gemeinnützigem zu beteiligen.“ 15 Millionen Euro müssten mindestens zusammenkommen, damit die Stiftung mit der Arbeit beginnen könne. Diese soll dann von einem qualifizierten Kuratorium begleitet werden. Die Öko-Pirsch wird dann etwas kosten? „Ja“, sagt Succow. Akzeptanzprobleme fürchtet er nicht. Im Gegenteil. Für viele habe die Natur erst mit dem Eintritt einen Wert.

„Privat heißt nicht gleich kommerziell“, sagt Martin Kaiser, Waldexperte von Greenpeace. Damit die Weltnaturschutzunion einen Nationalpark anerkenne, müssten ohnehin 75 Prozent der Flächen in Ruhe gelassen werden. Allerdings solle Mecklenburg-Vorpommern den Eigentümer per Vertrag verpflichten, mit Forschern zu kooperieren und für Schüler mehr als nur Lehrpfade einzurichten. „Der Staat bleibt in der Pflicht“, betont Doris Eberhardt vom BUND. Doch sei ein privater Nationalpark besser als keiner.

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