Kalifornien: Homoehe vor Gericht

In San Francisco berät der Oberste Gerichtshof seit Donnerstag darüber, ob der Volksentscheid vom November zum Verbot der Homoehe überhaupt zulässig ist

SAN FRANCISCO taz ■ Tausende Aktivisten und Sympathisanten der Lesben- und Schwulenbewegung verfolgen seit Donnerstag in San Francisco die Anhörungen zur Verfassungsklage gegen die sogenannte Proposition 8. Seit diesem parallel zu den Präsidentschaftswahlen im November abgestimmten Volksentscheid ist Kaliforniens Homoehe erneut verboten. Über 18.000 Paare hatten sich zum Zeitpunkt der Abstimmung bereits das Jawort gegeben.

Im Mai 2008 hatte das Oberste Gericht schon einmal ein Verbot der Homoehe außer Kraft gesetzt. Eine konservative Koalition mit entscheidendem Anteil der Mormonenkirche hatte daraufhin den Volksentscheid vom 4. November auf die Tagesordnung gesetzt und mit Millionenbeträgen dafür geworben. Jetzt soll der Oberste Gerichtshof Kaliforniens entscheiden, ob das mit 52 Prozent der Stimmen verabschiedete Verbot diesmal verfassungsrechtlichen Bestand haben kann. Binnen 90 Tagen müssen die Richter ihre Entscheidung treffen.

Die Frist begann mit den Anhörungen vergangenen Donnerstag. Tausende verfolgten das Geschehen im Gerichtssaal auf einer großen Leinwand mitten auf dem Civic Plaza vor dem Rathaus. Viele demonstrierten vor dem Supreme Court gleich nebenan und versuchten die Befürworter der „Prop. 8“ mit ihren Transparenten zu verdecken und mit Parolen zu überschreien: „Vote No! Vote No!“ – „Stimmt dagegen!“

Gleich nach dem verlorenen Volksentscheid hatten einige Organisationen per Verfassungsklage argumentiert, „Prop. 8“ sei ungültig, weil die Verfassung es nicht erlaube, dass die Mehrheit einer Minderheit über Nacht die Grundrechte entziehe. Die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Ehen gilt Bürgerrechtlern und Minderheitenorganisationen insofern als Symbol für gesetzlich garantierten Schutz vor Diskriminierung überhaupt.

Für Kaliforniens Schwule und Lesben ist der Begriff „Ehe“ außerdem mit Respekt und Würde verbunden, den sie in einer „domestic partnership“, vergleichbar der eingetragenen Partnerschaft in Deutschland, nicht sehen können. „Wir wollen absolute Gleichbehandlung.“, sagt Stuart Gaffney von Marriage Equality, einer bundesweiten Initiative. „Als vor etwas mehr als vierzig Jahren die Ehe zwischen verschiedenen Rassen in Amerika legalisiert wurde, hat auch keiner nach alternativen Bezeichnungen gesucht.“

Um Begriffe ging es auch bei der Anhörung. Dort versuchten die Kläger die Richter davon zu überzeugen, dass in der „Prop. 8“ vorgenommene Definition von Ehe als Bund zwischen Mann und Frau nicht eine bloße Gesetzeserweiterung, sondern eine Verfassungsänderung darstelle. Zu einer Verfassungsänderung sei aber eine Zweidrittelmehrheit des Gesetzgebers notwendig.

Ob sich die Richter überzeugen lassen, ist schwer zu sagen. Der Präsident des Obersten Gerichtshofs, Ronald George, wies auf Präzedenzfälle hin, in denen Minderheiten durch Mehrheitsvotum Rechte verloren hatten. „Ist das nicht Teil des Systems?“, fragte er und meinte damit Kaliforniens Referendumsregelungen. Richterin Joyce Kennard hatte schon im Vorfeld bekannt gegeben, dass für sie der Ausdruck des Volkswillens bindend sei. Sie will nur noch den Status der bereits geschlossenen Ehen verhandeln. LENA MEIER