Saddam Hussein: Ich bin der Chef

„Ich verkünde euch gute Nachrichten“, nuschelt ein angeblicher irakischer Präsident in einer TV-Tonbandansprache an sein Volk. „Verstärkt den bewaffneten Kampf“

KAIRO taz ■ Alt und gebrochen klang die Stimme auf dem Tonband, die die arabische Fernsehstation al-Arabia gestern Nachmittag als die von Saddam Hussein vorstellte. Der Sprecher nuschelte, als hätte er sein Gebiss nicht eingelegt. Immer wieder brach er ab, während das Rascheln von Papier zu hören war. „Ich verkünde euch gute Nachrichten, der Feind erleidet Verluste, die ihn wie ein Feuer auffressen […] Verstärkt den bewaffneten Kampf“, erklärte er und rief die Amerikaner zum bedingungslosen Rückzug aus dem Irak auf. Es gebe für sie keinerlei Grund, weitere Verluste einzustecken, sagte er in der 14-minütigen Ansprache. Die Amerikaner sollten über ihren Rückzug mit jenen ehemaligen hochrangigen Irakern verhandeln, die sie gefangen halten. Dann rief er die Iraker zu „einem heiligen Krieg mit allen Mitteln gegen die dümmlichen Invasoren“ auf.

Immer wieder bezeichnete er sich als legitimen Präsidenten seines Land und nahm Bezug auf ein Präsidentenreferendum vor einem Jahr, als Saddam Hussein mit angeblich 100 Prozent im Amt bestätigt worden war.

Auch für den UN-Sicherheitsrat, der derzeit versucht, eine neue UN-Resolution für den Irak zu formulieren, hatte der Sprecher eine Botschaft. „Wir hoffen, dass die Sicherheitsratsmitglieder nicht in die Falle von Amerikas Politik treten“, heißt es auf dem Band. „Der Irak und seine Führer werden sich jeglicher Lösung verweigern, solange das Land im Schatten der Besatzung lebt. Alles andere sind Tricks“, verkündete er weiter und gab am Ende der Ansprache als Datum „Mitte September“ an. In der Rede selbst gibt es allerdings keinerlei Hinweise auf Ereignisse, die den genauen Zeitpunkt der Aufnahme bestimmen lassen.

Die im Golfstaat Dubai ansässige Fernsehstation al-Arabia, der zweitgrößte arabische Satellitensender nach al-Dschasira, erklärte, sie hätte das Band gestern in Bagdad erhalten. Wie üblich habe jemand das dortige Büro angerufen und das Band an einem nahe gelegenen Ort hinterlassen. Al-Dschasira berichtet nun täglich von einem halben Dutzend Anschlägen gegen US-Militärs im Irak. Unterdessen mehren sich Hinweise auf zunehmende Erkrankungen von US-Soldaten, die mit einer möglicherweise erhöhten radioaktiven Strahlung im Irak im Zusammenhang stehen könnten.

Laut Angaben der Washington Post sollen 6.000 Soldaten aus gesundheitlichen Gründen abgezogen worden sein, nur ein Drittel aufgrund von Kamphandlungen oder Unfällen. Mehrere hundert sind nach Meldungen der US-Armee an Lungenentzündung erkrankt. Zwei sind inzwischen gestorben.

Ein Korrespondent des Christian Science Monitor hat mit einem Geigerzähler in Vierteln Bagdads, die im Krieg umkämpft waren, eine im Vergleich zu anderen Orten der Stadt 1.000 bis 1.900fache Strahlenbelastung gemessen. Möglicherweise lässt sich das auf abgereicherte Uranmunition zurückführen.

KARIM EL-GAWHARY

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