christoph schultheis
: Schon wieder Hitler

„Der Spiegel“ erkennt im Jahr 2004 „Hitlers Ende“. Und bricht den eigenen Titelseiten-Rekord

Fangen wir mal lieber nicht gleich mit Adolf Hitler an, sondern mit Ikea: In den 80er-Jahren sang die Kölsche Mundartcombo Bläck Föös für das schwedische Möbelhaus mal einen Werbesong ein. „NRW wird umbenannt / in Ikea-Musterland“, hieß es damals, weil Ikea hie und da eine neue Filiale hingebaut hatte.

Doch nun zu Hitler, genauer gesagt zu „Hitlers Ende“, wie es in dicken gelben Lettern auf dem aktuellen Spiegel steht – unter dem Foto eines grimmig dreinblickenden Mannes mit Hitlerbärtchen. Und warum? „Am Ende seiner Herrschaft“, heißt es im Blatt, „hauste Hitler im Schutz meterdicker Wände unter der Erde. Handlanger feierten dort Orgien, die Goebbels brachten ihre Kinder um, der ‚Führer‘ heiratete und erschoss sich dann.“ Na, und wenn das kein Grund ist, im August 2004 in dicken Lettern „Hitlers Ende“ aufs Cover zu schreiben, was denn dann? Etwa, dass am 16. September einen Film über Hitlers Ende in die Kinos kommt? Na gut, dann eben das!

Bemerkenswerter jedoch als die zur Titelseite gehörige Story (tolle Führerbunker-Grafik!) ist die Tatsache, dass der Spiegel bislang mit durchschnittlich zwei Hitler-Titeln pro Jahr daherkam. Selbst als Spiegel-Gründer Rudolf Augstein, Jahrgang 1923, noch lebte, war das so. Nur im vergangenen Jahr, nach Augsteins Tod, verzichtete Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust komplett auf etwaige Hitler-Titel und setzte stattdessen lieber auf zeitgenössische Verschwörungstheorien („11. September“, „Warum gibt es eigentlich Männer?“).

Doch dann kam 2004 – das Jahr, in dem Hitler zurückkehrte. Jedenfalls auf die Titelseite des Spiegel, der schon jetzt mit einem Hitler-Rekord aufwarten kann: erst Mitte Februar, dann vor sechs Wochen und nun, sechs Wochen später, eben mit „Hitlers Ende“ (mit Bruno Ganz als „Hitler-Darsteller“). Bösartige Menschen behaupten deshalb, es sei für Aust an der Zeit, sein Blatt endlich in Hitlerspiegel umzubenennen: „Der Hitlerspiegel – Deutschlands bedeutendstes und Europas auflagenstärkstes Nachrichten-Magazin“. Aber das ist natürlich nur ein übler Scherz.