Ein Geldtopf für die Ausbildung

Das Ausbildungsjahr läuft, und noch immer finden viele Jugendliche keine Lehrstelle. Die Ausbildungs-Umlage rückt näher. Jetzt wird diskutiert, wer zahlen soll. Und: wie viel? Opposition und Arbeitgeber lehnen alle Ansinnen dieser Art nach wie vor ab

von SEBASTIAN HEISER

Eine kleine Mauer steht auf dem Hackeschen Markt in Berlin-Mitte. Einen Meter hoch, vier Meter lang, aus weißen Ziegelsteinen, ohne Mörtel schief aufeinander gestapelt. Drei Jugendliche nehmen Steine am linken Ende der Mauer weg und bauen sie am rechten Ende wieder an.

So ähnlich müsse man sich die staatlich organisierte „außerbetriebliche“ Ausbildung vorstellen, wollte die IG BAU gestern mit dieser Aktion ausdrücken: praxisfern und ineffizient. Kein Ersatz für einen guten Ausbildungsbetrieb. An denen fehlt es aber nach wie vor.

Deshalb fordert auch Christian Kühbauch, der Bundesjugendsekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), nach wie vor eine Ausbildungsplatzumlage. Und die Chance darauf steht diesmal nicht schlecht. Erst letzte Woche hatte auch Bundeskanzler Gerhard Schröder bekräftigt, dass der Gesetzgeber handeln werde, wenn es nicht genügend Ausbildungsplätze gibt. Stichtag sei der 30. September.

Zu Beginn des Ausbildungsjahres Ende August gab es 510.700 Ausbildungsplätze, 113.000 weniger als benötigt. 50.000 Ausbildungsplätze weniger als 2002 bieten die deutschen Betriebe dieses Jahr an. Die Ausbildungsumlage wird immer wahrscheinlicher. Wenn sie kommt, dann schnell. Noch in diesem Jahr könnte das Gesetz beschlossen werden.

Im Gespräch sind derzeit verschiedene Vorschläge. Eine Umlage ist der Kern aller Modelle: die Betriebe zahlen abhängig von der Bruttolohn- und -gehaltssumme in einen großen Topf ein. Von den laut Bundesanstalt für Arbeit 2.120.000 Betrieben in Deutschland sollen aber nur die 415.000 Betriebe mit 10 oder mehr Beschäftigten einzahlen. Für jeden Auszubildenden erhalten die Betriebe einen festen Betrag ausgezahlt. Der Staat macht also keine zusätzlichen Einnahmen, sondern das Geld wird zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Unternehmen umverteilt. Die Höhe der Umlage und der Ausbildungsprämie können Arbeitgeber und Arbeitnehmer branchenspezifisch festgelegen.

Die Knackpunkte:

– Wie hoch ist die Umlage?

8.705 Euro kostet ein Azubi laut Bundesinstitut für Berufsbildung pro Jahr unter dem Strich. Wenn also die ausbildenden Betriebe ihre gesamten Nettokosten ersetzt bekämen, müssten 14,66 Milliarden Euro umverteilt werden. Die Grünen haben vorgeschlagen, mit einer Umlage von insgesamt 2,45 Milliarden Euro anzufangen. Der DGB hält das für deutlich zu niedrig.

– Zahlt auch die öffentliche Hand ein?

Nein, sagen die Grünen. Hier könne die Politik direkt Einfluss nehmen, die Umlage sei nicht nötig. Ja, fordern die Gewerkschaften. Auch viele Verwaltungen würden zu wenig ausbilden und sollten dann nicht von der Umlage ausgenommen werden.

– Wie wird die Umlage organisiert?

Die Grünen schlagen eine bundesweite Stiftung zur Verwaltung vor. Langfristig soll die Stiftung weitere Bildungsaufgaben übernehmen, etwa auch für lebenslanges Lernen zuständig sein. Kanzler und Gewerkschaften haben letzte Woche aber besprochen, wie die Umlage dezentraler und branchenspezifischer als über eine Stiftung organisiert werden kann, hieß es. Offiziell wollte sich die SPD zu den Details aber noch nicht äußern.

FDP, Union und Arbeitgeberverbände sprechen sich gegen die Umlage aus. Es gebe zu wenige Ausbildungsplätze, weil es den Firmen so schlecht gehe. Erst wenn die Steuern und Lohnnebenkosten gesenkt seien, werde auch die Zahl der Ausbildungssuchenden sinken.