Stellungskampf Unter den Linden

Strieder will für Straßenumbau Unter den Linden Bäume fällen. Pflanzenschutzamt hofft so auf die Möglichkeit, „nachhaltig“ zu pflanzen. BUND kritisiert Informationspolitik des Senats, ist aber nicht gegen Umbau. Grüne wollen mehr Linden für die Allee

von DINAH STRATENWERTH

Haben die rund 300 Linden Unter den Linden schon verloren? Werden sie breiteren Bürgersteigen zum Opfer fallen? Seit dem Sommer tobt ein Streit zwischen Stadtverschönerern und Baumschützern um den Umbau der Allee. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) plant, die Bürgersteige auf Kosten der Fahrspuren für Pkws zu verbreitern. Eigentlich müssten die Bäume nur umgepflanzt werden, aber die meisten sind älter als zehn Jahre und können nicht mehr den Platz wechseln. Strieder hatte zudem behauptet, die meisten Bäume seien krank und nicht mehr zu halten. Auf eine kleine Anfrage der stadtentwicklungspolitischen Sprecherin der Grünen, Claudia Hämmerling, musste der Senat allerdings zugeben, dass nur 10 Prozent der Bäume wirklich vom Sterben bedroht sind. „Strieder hat also wieder mal gelogen“, so die grüne Politikerin. Sie ist gegen den Ausbau der Straße, wenn dafür so viel gefällt werden muss.

Hartmut Balder vom Pflanzenschutzamt findet die Maßnahmen hingegen angemessen. Zwar müssen die Bäume seiner Ansicht nach nicht gefällt werden, weil sie krank sind, sondern „aus planerischen Gründen“. Dennoch seien die meisten älteren Bäume geschädigt. Dies sei auch früheren Fehlern geschuldet. So litten die vier Linden von 1936 (siehe Kasten) noch immer unter den Spätfolgen des Krieges: „Wenn Äste abgerissen werden, bleibt immer eine Wunde, in die Pilze eindringen können“, so Balder. Zudem seien in der DDR Fehler beim Pflanzen gemacht worden: So seien die Bäume zu tief eingesetzt worden. Dadurch würden ihre Wurzeln faulen. „Das sieht man den Bäumen auch an“, meint Balder, „die Kronen sind sehr licht, sie sehen einfach nicht gesund aus.“ Mittelfristig müssten laut Balder alle Bäume auf dem Boulevard ersetzt werden. Darauf habe das Pflanzenschutzamt schon kurz nach der Wende hingewiesen. Balder hofft, dass der Umbau der Allee es ermöglichen wird, die Straße „nachhaltig“ zu bepflanzen. Vor allem sei es wichtig, einen Standraum für die Bäume zu schaffen, der groß genug sei, damit sie ihre Wurzeln ausbreiten können. In dieser Grube dürfe man dann weder Leitungen verlegen noch anderweitig buddeln.

Einen Umbau der Allee Unter den Linden im Sinne der Bäume also? Herbert Lohner vom Umweltschutzverband BUND ist bei dem Thema hin- und hergerissen. Er muss immer wieder die Fragen besorgter Bürger beantworten, die wissen wollen, ob die Bäume denn wirklich so krank sind. Lohner hält Balders Diagnose für glaubwürdig, auch wenn die Linden seiner Meinung nach nicht so krank aussehen. Falsch findet er auf jeden Fall die Art des Senats, mit Informationen umzugehen: „Wenn Bäume gefällt werden sollen, um Platz für Baumaßnahmen zu haben, dann soll der Senat das auch so sagen und nicht behaupten, die Bäume seien alle zu krank.“ Obwohl er es als „sauren Apfel“ bezeichnet, zu akzeptieren, dass Bäume gefällt werden, steht für ihn doch der Symbolwert des Ortes im Vordergrund. „Ich sehe auch die Möglichkeit, etwas sehr Schönes zu schaffen“, so der Umweltschützer.

Das sieht Claudia Hämmerling anders. Ihrer Ansicht nach ist es ökologisch und ökonomisch sinnlos, die Straße umzubauen. Besser sei es, die Baumlücke zwischen Humboldt-Universität und Schlossbrücke mit neuen Linden zu bepflanzen.