Kirche wusste über St. Pölten Bescheid

SWR-Bericht behauptet: Vatikan und Bischof Krenn waren längst informiert über Priesterseminar. Päpstlicher Visitator Klaus Küng stieß auf „Mauer des Schweigens“

BADEN-BADEN dpa/afp ■ Österreichs Bischofskonferenz, der Vatikan und der St. Pöltener Bischof Kurt Krenn haben bereits seit mehr als zwei Jahren von homosexuellen Ausschweifungen im Priesterseminar von St. Pölten gewusst. Ein Vertrauter des inzwischen zurückgetretenen Bischofs Krenn habe zum Beispiel schriftlich vor dem „Priesterseminar als Freudenhaus für Homosexuelle“ gewarnt, berichtete der Südwestrundfunk gestern vorab aus einer Dokumentation mit dem Titel „Das Sex-Tabu. Priesterseminare im Zwielicht“, die morgen in der ARD gesendet wird.

Der Vatikan hat die Ausbildungsstätte inzwischen schließen lassen. Der vom Papst eingesetzte apostolische Visitator, Bischof Klaus Küng, sagte der ARD, er sei auf eine „Mauer des Schweigens“ gestoßen; alle Leitungsfunktionen im Bistum müssten neu besetzt werden. Im Juli war der Skandal ans Licht gekommen. Seminaristen sollen tausende pornografischer Bilder und Filme, darunter auch Kinderpornografie, aus dem Internet auf mehreren Computern gespeichert haben.

Die Deutsche Bischofskonferenz bestätigte derweil, dass sie in einer vertraulichen Studie Richtlinien zum Umgang mit schwulen Priestern und Seminaristen festgelegt hat. In dem 1999 verfassten Papier, das dem SWR vorliegt, heißt es: „Ein homosexuell veranlagter Priesterkandidat, dessen geistliches Leben deutliche Anzeichen einer Berufung zum Priestertum aufweist, könnte, wenn er in überzeugender Weise sexuelle, personale und geistliche Reife und Integration zeigt und zur zölibatären Lebensweise bereit und fähig ist, zur Weihe zugelassen werden.“ Ein Priester dürfe sich aber nicht öffentlich als schwul outen und müsse „einschlägige Treffpunkte für Homosexuelle meiden“.