Sieg der Straflosigkeit

Nach sechs Jahren stellt die Nürnberger Justiz den Großteil der Verfahren gegen frühere argentinische Militärs ein

NÜRNBERG ap ■ Der Großteil der deutschen Ermittlungen gegen frühere Mitglieder der argentinischen Militärjunta wird eingestellt. Von den insgesamt 74 Verfahren werden nur noch jene gegen die fünf Hauptverdächtigen, unter ihnen der ehemalige Staatschef Jorge Videla, fortgesetzt, wie die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth am Freitag mitteilte. Bei Menschenrechtlern und Opfer-Anwälten löste die Entscheidung Empörung aus.

„Wir sind gemeinsam mit den Familien der Angehörigen schwer erschüttert“, sagte Kuno Hauck von der „Koalition gegen die Straflosigkeit“, die das Verfahren 1998 ins Rollen gebracht hatte. Die Anwälte der Koalition werden die Verfahrenseinstellung anfechten.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden die Ermittlungsverfahren gegen 69 von ursprünglich 74 Beschuldigten eingestellt, denen unter anderem Mord, gefährliche Körperverletzung und Geiselnahme vorgeworfen worden war. Gegen die fünf Hauptverdächtigen bestehe aber weiterhin der Vorwurf des Mordes an den deutschen Studenten Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank.

Im Fall der Deutschen Bettina Ehrenhaus und Adriana Marcus, die von Junta-Schergen zwischen 1978 und 1979 verschleppt und gefoltert worden waren, ihr Martyrium aber überlebt hatten, mussten die Ermittlungen wegen Verjährung eingestellt werden. Bei der Verschleppung und Ermordung von Marlene Kegler-Krug und im Fall des Überlebenden José Pedro Almirón erklärte sich die Nürnberger Justiz für nicht zuständig, da diese Opfer keine deutsche Staatsangehörigkeit besessen hätten.

„Diese Menschen besitzen keinen deutschen Pass, da die Nazis ihren Familien die Staatsangehörigkeit aberkannt haben“, sagte Hauck und kritisierte, die Nürnberger Justiz würde ihrer geschichtlichen Verantwortung nicht gerecht.