Neues Bemühen um Perspektiven

Kölns Medienwirtschaft beschäftigt heute mehr als 50.000 Menschen. Die Entwicklung ging lange an der Politik vorbei, weil ihr der Mediapark die Sicht auf die Vielfalt verstellte

Köln taz ■ Im Ranking der bundesdeutschen Medienstädte liegt Köln, je nach Sparte, mal vorn, mal weit hinten, mal mittig. Bei TV-Produktionen hat Köln die Nase vorn, im Verlagswesen rangiert der Standort eher am Ende der Liste; in der Informationstechnologie mittendrin.

Kürzlich hievte eine Untersuchung des Bremer BAW Instituts für Wirtschaftsforschung die Domstadt aber auch bei den Arbeitsplätzen auf einen ersten Platz: Mit 37.850 Festangestellten hat die Medienbranche in Köln den bundesweit höchsten Anteil an der lokalen Gesamtwirtschaft (8,36 Prozent) – bei bundesweit geringsten Beschäftigungsverlusten zwischen 2000 und 2003 (minus 2,7 Prozent). Rechnet man die Selbstständigen und freien MitarbeiterInnen dazu, beschäftigt die Medienwirtschaft am Platz weit mehr als 50.000 Menschen. In Köln ist Arbeit in und mit den Medien Alltag.

Dass aus der „Rundfunkstadt“ eine vielschichtige Medienstadt geworden ist, liegt an den Sendern. Als mit dem Aufkommen des privaten Rundfunks und durch viele neue Programme allenthalben der Programmbedarf stieg, profitierte Köln vom Bestand. RTL, zeitweise RTL 2, VOX, Super RTL und schließlich VIVA und Onyx wurden dort platziert, wo mit der Präsenz des WDR, der Deutschen Welle und des Deutschlandfunks ausgebildetes Personal vorhanden war.

Rund um die Sender entwickelte sich ein regionaler Branchenmix aus Programmproduzenten und Mediendienstleistern, der das Medienhandbuch Köln des Emons Verlages immer dicker werden ließ. Kölns zusätzlicher Pluspunkt war und ist das durchgängige Crossover zwischen den Teilsparten. Beispielsweise verdankt Köln seinen Ruf als deutsche Comedy-Hochburg zu weiten Teilen dem Zusammenspiel der elektronischen Medien mit der Szene, die einst um die Stunk-Sitzung agiert hatte.

Diese Entwicklung ging solange an der Stadt Köln vorbei, wie ihr „Schlüsselprojekt“ Mediapark die Sicht auf die neue Vielfalt verstellte. Erst seit Mitte der 90er Jahre fördert die Kommune Projekte der Aus- und Weiterbildung und kommuniziert über eine Medienstabsstelle des Kölner Oberbürgermeisters mit der Branche.

Seit drei Jahren gibt es auch einen stadtnahen Medien- und IT-Rat, in dem viel medienwirtschaftliche und -politische Beratungskompetenz versammelt ist. Nichtsdestotrotz fällt es der Kölner Kommunalpolitik immer noch schwer, sich auf den medien- und kulturwirtschaftlichen Tätigkeitsfeldern zurechtzufinden. Davon zeugt etwa die Panik, mit der im letzten Jahr auf ein Hürther Standortangebot für RTL reagiert wurde – im letzten Moment. Dabei geht es um wenig mehr als um eine Verstetigung des Engagements: um Bestandspflege und neue Perspektiven zugleich. Peter Hanemann