Arafat droht der Rauswurf

Internationale Kritik am Ausweisungsbeschluss der israelischen Regierung

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Arafat soll raus aus Palästina. Was zur Umsetzung dieses Grundsatzbeschlusses des israelischen Sicherheitskabinetts noch fehlt, ist offenbar die zumindest stillschweigende Zustimmung aus den USA. Vorerst hält das Weiße Haus indes an der politischen Linie fest, Arafat zwar zu boykottieren, “dramatische Schritte“ aber zu vermeiden. Der US-Botschafter in Israel hat sein Mißfallen am Beschluß bereits zum Ausdruck gebracht.

Aus aller Welt erreichte Jerusalem weitere Kritik an der Entscheidung, die „nicht geeignet ist, um die ohnhin gespannte Lage zu stabilisieren“, wie aus dem Bundesaußenministerium verlautete. Auch Uno-Generalsekretär Kofi Annan bezeichnete es als „nicht für klug“, Arafat zu vertreiben. Zehn Jahre nach Beginn des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses in Oslo, der Arafat aus Tunesien erst wieder zurück in die Heimat brachte, drohen ihm erneutes Exil, der Region erneute Auseinandersetztungen.

Bei den Beratungen des Sicherheitskabinetts war es offenbar hoch her gegangen. Zwischen Premier Scharon und Verteidigungsminister Mofas kam es zu einem heftigen Wortgefecht, als Mofas die Möglichkeit einer Exekution Arafats ins Gespräch brachte, was Scharon strikt ablehnt. Scharon seinerseits bezeichnete Arafat laut Zeitungsberichten allerdings als „den schlimmsten Mörder, dem das jüdische Volk in seiner ganzen Geschichte begegnet ist.“

“Ein Land in Nordafrika“ solle Arafats neues Exil sein, so verlautete aus Regierungskreisen. Erst am Vortag hatten die israelischen Militärs ihr Aufgebot in Ramallah aufgestockt und das oberste Stockwerk des unweit der teilweise zerstörten Muqataa, Arafats Amtssitz, entfernt liegende Kulturministerium besetzt. Seit zwei Jahren schon proben Sondereinheiten die insgesamt Operation, so ein Armeesprecher. Hauptsorge sei, dass Arafat dabei nicht verletzt werde.

Der zunehmend in die Enge geratene Palästinenserpräsident berief gestern morgen seine Sicherheitsberater zu sich. Erst am Vortag war es zwischen ihm und dem designierten Innenminister Nasser Jussef zu einem Eklat gekommen. Arafat beantwortete die Forderung Jussefs nach erweiterten Kompetenzen, indem er ihm ins Gesicht spuckte.

„Ich habe vor, ein „Schahid“ (“Märtyrer“) zu werden“, kommentierte Arafat die israelische Entscheidung. Er wolle in der Muqataa sterben, in der er die letzten 20 Monate belagert wurde. In Ramallah und im Gasastreifen fanden noch in der Nacht spontane Solidariätskundgebungen statt. Tausende Demonstranten hielten Plakate mit dem Bild ihres Präsidenten hoch. Die Fatach-nahen „Al-Aqsa-Brigaden“ warnten vor einem Landesverweis, dem eine „Welle von Anschlägen überall in Israel“ folgen würde. Bereits gestern war es im Anschluss an das Freitagsgebet auf dem Jerusalemer Tempelberg zu Unruhen gekommen. Der designierte Premierminister Achmad Kurei kündigte aufgrund der Entwicklung eine Verzögerung seiner Regierungsbildung an.