Powell erwartet keine Bundeswehr im Irak

Bundesregierung lehnt auch „Scheckbuchdiplomatie“ ab. Über Finanzhilfen für den Irak entscheidet Geberkonferenz

BERLIN taz ■ Der amerikanische Außenminister Colin Powell hat zum ersten Mal öffentlich eingestanden, dass die US-Regierung nicht mit einem Einsatz der Bundeswehr im Irak rechnet. „Jedes Land muss selbst entscheiden, welchen Beitrag es leisten will. Ich erwarte jedenfalls keine deutsche Soldaten“, sagte Powell in einem Interview mit dem Washingtoner ARD-Korrespondenten. Der Außenminister bescheinigte der Bundesrepublik, dass sie in Afghanistan „tolle Arbeit“ leiste. „Deutschland wird seiner Rolle gerecht“, sagte Powell wörtlich und schob zur Illustration des Einvernehmens hinterher, dass er mit Joschka Fischer mehrmals in der Woche telefoniere.

In der rot-grünen Bundesregierung sind diese Äußerungen öffentlich mit Gelassenheit, intern jedoch auch mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis genommen worden. Einerseits bestätigt Powell nur das, was der Kanzler und sein Außenminister in den letzten Wochen immer wieder gesagt haben: dass Deutschland sich im Irak nicht militärisch beteiligen werde. Andererseits erhöht das Eingeständnis des amerikanischen Außenministers die Glaubwürdigkeit der deutschen Pläne.

Gerhard Schröder und auch Joschka Fischer ist ja in der Öffentlichkeit immer wieder unterstellt worden, ihr Nein zu einem Bundeswehreinsatz im Irak sei nur taktischer Natur. Beide wüssten, so die Unterstellung, dass nach größeren Zugeständnissen der Amerikaner an die UN Deutschland nicht umhinkommen werde, auch eigene Soldaten in den Irak zu schicken. „Diese Frage hat sich nicht erst mit den Powell-Äußerungen erledigt. Sie war für uns von Anfang an erledigt“, sagt Ludger Volmer, außenpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, zur taz. Wer der Bundesregierung etwas anderes unterstelle, so Volmer, der habe nie begriffen, wie grundlegend die Auseinandersetzung mit den USA in den vergangenen Monaten gewesen sei. Für den grünen Außenpolitikexperten ist Powells Anerkenntnis einer eigenständigen deutschen Position noch in anderer Hinsicht wichtig: „Die USA sind nicht das alte Rom“, sagt Volmer, „und sie wollen es auch gar nicht sein.“

Die öffentliche Aufmerksamkeit wird sich jetzt mehr als ohnehin schon auf den humanitären und finanziellen Beitrag Deutschlands für den Wiederaufbau im Irak konzentrieren. Schröder und Fischer haben ihre Position klar gemacht: Bei einer Kontrolle des Übergangs im Irak durch die UN, bei voller Transparenz dieses Prozesses und bei Einbeziehung gemäßigter arabischer Staaten ist Deutschland bereit, etwa beim Verwaltungsaufbau oder bei der Ausbildung irakischer Polizisten und Soldaten zu helfen. Die Bundesregierung tritt gleichzeitig schon mal vorbeugend dem Eindruck entgegen, sie wolle sich mit „Scheckbuchdiplomatie“ freikaufen. Die finanziellen Zusagen Deutschlands für humanitäre Hilfe belaufen sich auf 75 Millionen Euro. An weitere, direkte Zahlungen an die USA wie nach dem Golfkrieg 1991 sei nicht gedacht, heißt es im Auswärtigen Amt. Alles Weitere müsse eine internationale Geberkonferenz klären. Ein erstes Treffen ist Ende Oktober in Madrid geplant.

JENS KÖNIG