Europa-Studium nach Begabung

Studenten-Vertreter verlangen von den Europäischen Bildungsministern: Ein Studium im Ausland muss nicht nur technisch möglich, sondern auch real bezahlbar sein

BERLIN taz ■ Europäische Studentenvertreter haben in Berlin bessere soziale Bedingungen für Auslandsstudierende gefordert. „Wir wollen europäische Hochschulen, die zugänglich nach Begabung sind, nicht nach dem sozialen Hintergrund“, sagte Bastian Baumann vom Europäischen Studierendenverband Esib gestern zum Abschluss einer Konferenz des Deutschen Studentenwerkes.

Die Vision ist: Studienbeginn in Stuttgart, Bachelor in Basel, Master in Madrid – das Studium ohne Grenzen soll ab 2010 an allen 4.000 Hochschulen Europas mit ihren 12,5 Millionen Studenten möglich sein. 1999 haben die Bildungsminister Europas dieses Ziel in Bologna erklärt. Sie treffen sich vom 18. bis 19. September in Berlin zu einer Folgekonferenz. Die Studienabschlüsse sollen vergleichbar werden, ein einheitliches Punktesystem (ECTS) wird einen Ortswechsel europaweit möglich machen.

Die Studentenvertreter verlangen, dass ein Auslandsstudium nicht nur technisch möglich, sondern auch real bezahlbar sein müsse. Denn an der Realität scheitert ein Auslandsstudium häufig noch: „Ausländische Studierende bekommen in Österreich keine Arbeitsgenehmigung und keine Förderung in den ersten zwei Jahren“, sagte Angelika Striedinger von der Österreichischen HochschülerInnenschaft auf der Konferenz. Auch Studiengebühren von 750 Euro pro Jahr müssen bezahlt werden. Striedinger erklärte: „Nur reiche Ausländer können in Österreich studieren. Den anderen bleibt nur, sich zu kriminalisieren.“

Daniel Mondekar von der Kroatischen Studentenunion erklärte: „In unserem Land gibt es keine Vorbereitung der Studierenden auf das Ausland. Es gibt kaum Unterricht in anderen Sprachen, die Sprachkurse sind schlecht.“ Dabei geht es auch besser, wie Lene Henriksen aus Norwegen berichtete: „Es gibt bei uns eine Tradition darin, im Ausland zu studieren, und es gibt viele Hilfen dazu. Auch Ausländer in Norwegen, die bei uns gearbeitet haben oder seit drei Jahren studieren, bekommen die gleiche Förderung wie Norweger, also 9.000 Euro im Jahr.“

Die konkreten Forderungen der Konferenz an die Bildungsminister: ausreichende staatliche Studienfinanzierung europaweit, keine Studiengebühren, genügend günstiger Wohnraum, Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt, Betreuung der ausländischen Studenten vor Ort, kein Arbeitsverbot und kostenlose Sprachkurse. Die soziale Lage der Studenten soll regelmäßig europaweit untersucht werden.

Was davon werden die Minister wohl übernehmen? Und lohnt es sich überhaupt, bei der Ministertagung ohne Stimmrecht an den Katzentisch gesetzt zu werden – wo der Europäische Studierendenverband Esib landen wird? Nein, sagt Bastian Gronloh, einer der Organisatoren des Alternativforums EEF 2003: „Wir sind gegen Bologna.“ Die ECTS-Punkte würden Studienkontenmodelle und damit Studiengebühren erleichtern. Durch die Gats-Verhandlungen über die Privatisierung von Dienstleistungen müssten die staatlichen Unis bald in Konkurrenz zu privaten Bildungsanbietern treten. Das Europäische Bildungsforum EEF tagt wie die Minister vom 18. bis 20. September in Berlin. (www.eef2003.org)

SEBASTIAN HEISER