Minimalistischer, melodischer autorentechno

Im shuttlebus von einem club zum nächsten: In der nacht von freitag auf samstag veranstaltet die „c/o pop“ ihre „deutschlandreise“ in sachen elektronischer tanzmusik. Die hälfte der zehn musiklabels kommt allerdings aus Köln

Die lange nacht der technolabels: „zehn plus zehn labels in zehn clubs“ ist der sperrige titel des großen clubabends im rahmen der c/o-pop. Am freitag kann man per shuttlebuss ab 22 uhr durch zehn verschiedene clubs eine kleine „deutschlandreise“ in sachen elektronischer tanzmusik machen.

Was nach musikalischem overkill klingt, könnte tatsächlich mit ähnlichen problemen zu kämpfen haben wie das vorbild, die lange nacht der museen: die hälfte der zeit zwischen den clubs unterwegs, die andere hälfte in schlangen davor. Außerdem ist zu befürchten, dass „einige läden sehr voll sein werden, aber der großteil sehr leer“.

Die einschätzung von Peta, betreiber des labels „Boxer“, könnte sich alleine schon aus geographischen gründen bewahrheiten. Denn clubs wie das ARTheater oder der Sensor Club, die nicht im zentrum des geschehens im belgischen viertel liegen, könnten trotz des kostenlosen shuttlebusses zu kurz kommen. „Nichtsdestotrotz spiegelt das konzept den gegenseitigen respekt und die freundschaft der labels wieder“, fügt der mann von Boxer hinzu. Was von c/o-pop als „deutschlandreise“ präsentiert wird, liefert vor allem ein bild der hiesigen szene, denn die hälfte der teilnehmer kommt aus Köln. Die plattenfirma „Kompakt“, flagschiff der kölner technoszene und gleichfalls plattenladen und vertrieb für fast alle der hier beteiligten firmen, wird im Studio 672 lediglich durch den DJ Tobias Thomas repräsentiert.

Das understatement erklärt sich damit, dass „Kompakt“ am 20.8. eine große sause im Tanzbrunnen bestreiten wird. Hier kann man sich also noch zurückhalten und den raum im Studio dem kleinen ein-mann-betrieb „Plong!“ überlassen. Zwölf veröffentlichungen hat Manfred Kohl, der „lieber weniger, aber dafür qualitativ bessere veröffentlichungen, gerne auch debuts“ produziert, seit anfang 2000 auf seinem label herausgebracht. Neben einem DJ-Set von Gabriel Ananda werden Anders Ilar und Le Dust Sucker, die gerade mit dem wilden technofunk ihres debutalbums alle aufmerksamkeit auf das kleine label lenkten, live zu hören sein.

Große beachtung bescherte das album „schwarzweiss“ der produzentin M.I.A. zuletzt auch dem label „Substatic“. Die kölnerin M.I.A. betreibt das label zusammen mit Falko Brocksieper. Im gewölbe im Westpol (im bahnhof west) präsentieren sie sich mit einem live-set des kanadiers „Coordinates“, die beiden betreiber stehen an den plattenspielern.

Hinter „Italic“ verbirgt sich trotz des namens auch ein kölner label. Marc Knauer, wie die bereits genannten spezialisiert auf minimalistischen, oft melodischen autorentechno, wird sein im alleingang organisiertes label mit Automatique (live) und den DJ‘s Harre Kühnast und Henry Stamer-Johann im zentral gelegenen kölner Stadtgarten vorstellen.

Mit dem problem der schlechten lage muss sich auch nicht Peta von Boxer herumschlagen; er wird im belgischen viertel im Subway als „Beatschubiger“ knackigen techno auflegen, der laden ist ebenso wie das Studio 672 per se gut besucht. Darunter zu leiden haben vielleicht andere: das straighte technolabel „Karmarouge“, das mit dem DJ Alex Multhaup im ehrenfelder ARTheater aufspielt und die erst kürzlich nach Berlin emigrierte kölner plattenfirma „Karaoke Kalk“, die mit Pascal Schäfer (live) und Strobocop (DJ) im Sensor Club am deutzer hafen mit sehr eigenen, faszinierenden sounds zu hören sind.

Ganz außen vor geblieben ist unverständlicherweise „Ware“, das hinter „Kompakt“ wohl einflussreichste kölner technolabel. Mathias Schaffhäuser, der das label schon seit 1997 alleine stemmt, wurde leider gar nicht angefragt. Den elegischen electro-pop des Ware-duos „Coloma“ kann man im rahmen von c/o-pop aber immerhin bei einem showcase am 21.8. im Panoramahaus an der messe live erleben. CHRISTIAN MEYER