REAKTION AUF FREISPRÜCHE FÜR INDONESISCHE GENERÄLE IST HALBHERZIG
: Vergessener Terror in Osttimor

Sollte es in den nächsten Wochen nicht noch massiven Druck für ein internationales Osttimor-Tribunal geben, dürften Jakartas Generäle wieder einmal davongekommen sein. Die Kritik, wie sie in Washington und Berlin an den Freisprüchen für 16 der Verbrechen in Osttimor angeklagte indonesische Militär- und Polizeioffiziere erfolgte, ist bestenfalls pflichtschuldig. Eine an Menschenrechten orientierte Außenpolitik sieht anders aus.

Denn Jakartas Tribunal verhöhnte schon ohne die letzten Freisprüche die osttimoresischen Opfer und die Erkenntnis, dass es für schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit keine Straffreiheit geben kann. Rühmte sich die deutsche Bundesregierung bisher einer Vorreiterrolle bei der Einrichtung des internationalen Strafgerichtshofes, so gab sie sich bei der Aufarbeitung der Verbrechen in Osttimor mit der Rolle von Statisten ab, die ihre eigenen Ansprüche nicht ernst nehmen. Und die US-Regierung hat in den letzten Monaten erkennen lassen, dass sie mit Indonesiens Militär lieber heute als morgen wieder zusammenarbeiten will, um den Terror von Islamisten zu bekämpfen. Die Vergangenheit, in der Jakartas Militärs eine Quelle des Terrors in Osttimor waren, stört da nur.

Dass Osttimor sich nicht zum Vorreiter eines internationalen Tribunals machen will, ist aufgrund seiner Nähe zum riesigen Nachbarn verständlich. Doch Dilis starke Abneigung gegen ein Tribunal ist kontraproduktiv, da sie anderen als Vorwand dient, das Thema zu den Akten zu legen. Auch Osttimor muss letztlich an einer glaubwürdigen Aufarbeitung der Verbrechen gelegen sein, wenn es einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen will.

Jakarta hat auf das kurze Gedächtnis der internationalen Gemeinschaft gesetzt. Zudem profitieren Indonesiens Generäle davon, dass der Westen mit dem Krieg gegen den Terror beschäftigt ist und es dabei mit den Menschenrechten selbst nicht so genau nimmt. Doch die Verbrechen in Osttimor ungesühnt zu lassen, wird nicht nur die Glaubwürdigkeit des Westens weiter untergraben. Es wird vor allem die internationalen Menschenrechtsstandards weiter aufweichen. SVEN HANSEN