PALÄSTINA: DIE USA WOLLEN ABBAS, DIE EU DAGEGEN WILL AUCH ARAFAT
: Ein Machtkampf noch ohne Ergebnis

Wer soll die Palästinenser vertreten und ihr Ansprechpartner im Friedensprozess sein: der vom Volk gewählte, von den USA und Israel aber als irrelevant verworfene Präsident Jassir Arafat oder der auf internationalen Druck berufene, von der Bevölkerung aber als irrelevant empfundene Premier Mahmud Abbas? Nicht nur Arafat und Abbas selbst, auch Israel, die EU und die USA sind in dieser Frage uneins. Es war kein Zufall, dass, nur Minuten nachdem die EU erklärte, sie werde weiter mit Arafat wie auch mit Abbas reden, die USA ihre ungeteilte Unterstützung für Abbas bekräftigten und vor dessen Sturz durch das Parlament warnten.

Prinzipiell sprechen zwar viele Gründe gegen den Taschenspieler Arafat und für den Demokraten Abbas. Derzeit aber ist der Machtkampf zwischen den beiden, egal ob er auf palästinensischer oder internationaler Ebene geführt wird, irrelevant. Denn keiner von beiden hat die Möglichkeit, den Gang der Dinge zu beeinflussen. Beide haben zwar je eine ihnen nahe stehende Person in den vermeintlich zentralen Positionen untergebracht: Abbas berief Mohammed Dahlan zum Sicherheitsminister, Arafat dagegen seinen Uraltvertrauten Dschibril Radschub zum Nationalen Sicherheitsberater. Aber bisher blieben diese Berufungen so gut wie folgenlos – und das nicht etwa, weil der eine den anderen bei der Arbeit behindert, sondern weil Arafat wie Abbas klar ist, dass sie einen Bürgerkrieg riskieren, wenn sie gegen Hamas und Dschihad Islami gewaltsam vorgehen, solange die israelische Armee deren Aktivisten hinrichtet und die Roadmap torpediert.

Erst wenn Israel den Palästinensern wieder genügend Spielraum gestattete, so etwas wie Politik zu betreiben, würden die Unterschiede zwischen Arafat und Abbas zum Tragen kommen. Dann wäre es auch an der Zeit für die EU und die USA, sich zu positionieren. Letzten Endes aber muss die Entscheidung der Palästinenser respektiert werden. Wenn etwa das Parlament Abbas tatsächlich absetzte, wäre dies zwar bedauerlich, aber keineswegs ein Sturz, wie die USA meinen, sondern ein demokratischer Vorgang. YASSIN MUSHARBASH