Sprung aus dem 6. Stock
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Er fürchtete seine Abschiebung in die Türkei mehr als den Sprung aus dem 6. Stock. Vor zwanzig Jahren, am 30. August 1983, stürzte sich der 23-jährige kurdische Asylbewerber Cemal Altun aus einem Fenster des Verwaltungsgerichts Berlin-West in den Tod. Flüchtlingsinitiativen erinnerten am Samstag in Berlin an den tragischen Selbstmord und legten an einem Denkmal vor dem Gericht einen Kranz nieder. Im Anschluss wurde die Asylgesetzgebung heftig kritisiert. Seit 1993 hätten sich „weit über hundert Menschen aus Angst vor drohender Abschiebung getötet oder sind bei dem Versuch gestorben, sich ihr zu entziehen“, sagte der Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rolf Gössner. Pro-Asyl-Sprecher Heiko Kaufmann warf der Regierung gegenüber der taz vor, das „tödliche System der Abschiebehaft“ beizubehalten. Der Tod Altuns hatte 1983 eine Debatte über die Asylpolitik der Kohl-Regierung entfacht. Altun war 1981 aus der Türkei nach West-Berlin geflohen. Nach einem Auslieferungsantrag nahm ihn die Polizei in Abschiebehaft, in der er bis zuletzt blieb. Nach seinem Tod wurde Altuns Asylantrag bewilligt. ASP