Start zum Merkur verschoben

Raumsonde „Messenger“ soll Rätsel des erdähnlichen, aber sehr heißen Planeten lösen. Sieben Jahre unterwegs

BERLIN taz ■ Jahrzehntelang mussten Wissenschaftler auf eine Mission zum Merkur warten, des sonnennahsten und – neben dem äußersten Planeten Pluto – einzigen noch nahezu unerforschten Planeten im Sonnensystem. Am Montag wollte die US-Raumfahrtagentur Nasa ihre 430 Millionen Dollar teure Sonde „Messenger“ zum Merkur schießen. Durch eine dichte Wolkendecke und einen Tropensturm verzögert sich der Start jedoch um ein paar Tage.

Es ist das erste Mal, dass eine Sonde in eine Umlaufbahn zum innersten Planeten geschickt wird, und erst das zweite Mal, dass Menschenwerk den Merkur besucht. Mit der Mission hoffen Forscher, mehr über die Entstehung der erdähnlichen Planeten im inneren Sonnensystem zu erfahren. „Messenger“ (abgekürzt für: Mercury Surface, Space Environment, Geochemistry and Ranging) soll ab 2008 unter anderem die Fragen beantworten, warum Merkur eine so hohe Dichte besitzt, wie sein globales Magnetfeld zustande kommt und ob es in seinen Polkratern Wassereis gibt.

Vor 30 Jahren flog die US-Sonde „Mariner-10“ dreimal am Merkur vorbei und fotografierte dabei nur knapp die Hälfte der Oberfläche. Viel mehr wäre auch bis vor wenigen Jahren nicht möglich gewesen – wegen der zu wenig leistungsfähigen Antriebstechnik und vor allem wegen fehlender Hitzeschutz-Technologie. Merkur ist um zwei Drittel näher an der Sonne als die Erde. Auf seiner Oberfläche strahlt die Sonne elfmal so hell wie auf der Erde und erscheint dreimal größer. Dank neu entwickelter, hitzebeständiger Keramiktextilien kann die Sonde überhaupt erst zum Merkur fliegen.

Für Planetenforscher ist Merkur immer noch ein Rätsel. Wegen seiner Nähe zur Sonne ist er mit Teleskopen nur schwierig zu beobachten. Merkur ist mit 4.900 Kilometern Durchmesser etwas größer als der Erdmond und ähnlich kraterübersät wie dieser. Er besitzt die älteste Oberfläche aller erdähnlichen Planeten und die höchste Dichte aller Planeten im Sonnensystem. Forscher spekulieren deshalb, dass er zu zwei Dritteln aus Eisen und Nickel bestehen müsse. Auf der Oberfläche Merkurs kann es tagsüber bis zu 450 Grad heiß werden, auf der Nachtseite bis minus 200 Grad kalt. Der Planet ist aber von einer extrem dünnen Gashülle – genannt Exosphäre – umgeben, die unter anderem aus Wasserstoff, Helium, Sauerstoff und Natrium besteht.

In einigen vom Sonnenlicht abgeschirmten Kratern an den Merkur-Polen haben irdische Radarmessungen helle Flächen entdeckt. Forscher spekulieren darüber, ob dort Wassereis, organische Kohlenwasserstoffeise, Schwefel oder tiefgefrorene Silikate lagern. Auch das globale Magnetfeld des Planeten gibt Forschern Rätsel auf. Eigentlich müsste sich der Kern des Planeten im Laufe von vier Milliarden Jahren längst abgekühlt und verfestigt haben. Für die Erzeugung eines globalen Magnetfeldes ähnlich des irdischen bedarf es jedoch eines flüssigen äußeren Kernes.

Obwohl Merkur der Erde auf bis zu 60 Millionen Kilometer nahe kommen kann, wird „Messenger“ auf seinem Flug zu dem Planeten etwa 8 Milliarden Kilometer zurücklegen, die Sonne dabei 15-mal umrunden und zwecks Bahn- und Geschwindigkeitskorrekturen einmal an der Erde, zweimal an der Venus und dreimal am Merkur selbst vorbeifliegen. Die komplizierten Manöver sind notwendig, damit die Sonde 2011 in eine Umlaufbahn um Merkur einschwenken kann. KENO VERSECK