Aufsteigen, losfahren, abstellen

Die Standorte der DB-Leihfahrräder in Köln, die per Telefon gebucht werden, sind nicht zufällig. Köln ist in 16 Call a Bike-Regionen eingeteilt, die Disposition der Räder erfolgt mit ausgeklügelter Logistik

Von Christiane Martin

Immer wieder bleiben Passanten staunend vor ihnen stehen. Die rotsilbernen Fahrräder, die seit Juni diesen Jahres auch in der Kölner Innenstadt an jeder Ecke stehen, fallen auf. Und das sollen sie auch, schließlich sind sie für ihre Besitzerin in erster Linie Imageträger.

Die Bahn AG betreibt das Geschäft mit den Leihfahrrädern – nach eigenen Angaben ohne Gewinn und zurzeit noch nicht einmal kostendeckend. Als Werbeaktion jedoch lohnt sich das Geschäft und soll weiter ausgebaut werden. In vier deutschen Großstädten wirbt die Bahn inzwischen mit ihrer Aktion Call a Bike für sich und ihr Angebot der lückenlosen Mobilität. So ist Call a Bike eine Ergänzung zum Öffentlichen Personennahverkehr. Wer abends den letzten Bus verpasst hat und nicht mit dem Taxi fahren will, kann per Telefon eines der Fahrräder buchen, aufsteigen, los fahren und es an jeder beliebigen Stelle wieder abstellen.

Hinter dem für den Kunden relativ leicht handhabbaren Leihsystem steckt eine nicht unkomplizierte Logistik. Beendet etwa ein Fahrradmieter seine Buchung, ruft er in der Zentrale an und gibt nicht nur seinen Standort durch, sondern über die Tasten seines Telefons auch einen vierstelligen Quittungscode, der von dem im Fahrradschloss befindlichen Chip vergeben und angezeigt wird.

Der Code gibt Auskunft darüber, ob das Schloss ordnungsgemäß verriegelt ist und in welchem Zustand es ist, also ob die Batterien und die Schlossmechanik noch funktionstüchtig sind. Standort und Code werden von den Mitarbeitern in einem Call Center in Halle an der Saale in eine Datenbank eingegeben. In diese sind digitale Stadtpläne integriert. Im Call Center kann so auf einen Blick gesehen werden, wo die Fahrräder platziert sind. Einem Anrufer, der ein Leihrad sucht, kann auf Anhieb gesagt werden, wo in seiner Nähe er eins findet. Außerdem sind Merkmale zu Standort und Fahrrad hinterlegt, beispielsweise wann das Fahrrad das letzte Mal ausgeliehen wurde.

Diese Angaben sind hauptsächlich interessant für die Call a Bike-Teamleiter vor Ort. In Köln ist das Niels Otto. Der Fotograf und Diplom-Psychologe ist durch seine Affinität zu Fahrrädern an diesen Job gekommen. Er war bereits in Frankfurt am Main für Call a Bike im Einsatz. Seit Anfang Juni leitet der 35-Jährige das dreiköpfige Team in Köln. Eine seiner Aufgaben ist die Koordination der Reparaturen. Manchmal melden Kunden oder auch Passanten, dass ein Fahrrad kaputt ist. Ansonsten aber sind Kontrollgänge nötig. „Allerdings erst, wenn ein Fahrrad zwei Wochen an ein und demselben Platz steht und nicht ausgeliehen wurde“, sagt Otto.

Wie lange die Fahrräder an ihrem Standort stehen, kann er recht komfortabel am Bildschirm sehen. Die zentrale Datenbank, auf die auch Otto Zugriff hat, zeigt ihm auf der integrierten Karte für jedes Fahrrad einen Balken, der mit zunehmender Standdauer seine Farbe von Blau nach Grün wechselt. Auf Wunsch wird ihm auch das genaue Datum, an dem das Fahrrad abgestellt wurde, angezeigt. Nach 14 Tagen schickt er einen seiner beiden Servicemitarbeiter zum Standort. Ist das Fahrrad kaputt, repariert der es vor Ort oder nimmt es mit. „Es kann aber auch sein, dass der Standort ungeeignet ist und deshalb keiner das Fahrrad ausgeliehen hat“, sagt Otto.

„Wir stellen ja die Fahrräder nicht nur auf, sondern wir platzieren sie ganz bewusst an bestimmten Stellen“, erklärt er. Dazu ist das mit Fahrrädern ausgestattete Kerngebiet – in Köln die Innenstadt innerhalb des Grüngürtels – in 16 Regionen eingeteilt. Für diese ist festgelegt, wie viele Fahrräder hier optimaler Weise stehen. Jeden Morgen überprüft Otto als erstes anhand der Datenbank, wo Fahrräder fehlen und bereitet eine Liste für seine beiden Servicemitarbeiter vor, in der steht, wohin wie viel Fahrräder gebracht werden müssen. Mit zwei Transportern fahren die Außendienstler dann los und disponieren die Fahrräder da, wo sie erfahrungsgemäß am günstigsten stehen.

Bis zu 200 Mal am Tag werden in Köln die Fahrräder gebucht. Besonders schnittig sehen sie dabei auf den ersten Blick nicht aus. Sie sind relativ schwer, aber recht leichtläufig. „Das gewählte Modell erfüllt alle Anforderungen“, sagt Otto. So müssen die Fahrräder robust und schnell auf verschiedenen Körpergrößen einstellbar sein und sie müssen einen komfortablen Gepäckträger haben. Außerdem ist ein individuelles Design wegen des Wiedererkennungseffektes wichtig – aus Marketingaspekten, aber auch um Diebe abzuschrecken.

Die Verlustrate ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Berlin ist Spitzenreiter. Da landen schon mal häufiger Fahrräder in Spree, Havel oder einem der Kanäle. „Von Köln bin ich positiv überrascht“, resümiert Otto die ersten Wochen. Es sei noch kein Fahrrad in den Rhein „gefallen“.