Zwei Niederlagen in 24 Stunden

Die Hannover Scorpions haben nach dem Debakel gegen Berlin auch das Sonntags-Spiel gegen die Kassel Huskies hoch verloren. Der Spitzenreiter der Deutschen Eishockey-Liga muss damit um den ersten Platz nach der Vorrunde zittern

Die Falten zwischen den Augenbrauen von Hans Zach sind an diesem Samstagnachmittag tiefer als gewohnt, die Arme hat er hinter dem Rücken verschränkt, auf ein Lächeln wartet man vergebens. Der kauzige Trainer der Hannover Scorpions, der wie kein anderer den Umgang mit den Medien beherrscht, war ausnahmsweise ratlos. Eine Erklärung für den leidenschaftslosen Vortrag seiner Mannschaft fand er nicht. Der Tabellenführer der Deutschen Eishockey Liga (DEL) hatte soeben gegen die Eisbären Berlin, den hartnäckigsten Verfolger, mit 2 : 7 (0 : 0, 1 : 3, 1 : 4) eine Lehrstunde bekommen und die Möglichkeit allzu leichtfertig verspielt, die Vorrunde aus eigener Kraft an erster Stelle zu beenden.

Dabei hatte man gerade erst damit begonnen, sich in dieser Rolle richtig wohlzufühlen. Nicht nur auf dem Eis, auch in der Außendarstellung war man immer offensiver geworden. „Vor der Saison wären wir mit Platz sechs zufrieden gewesen“, hatte Zach gesagt. „Aber jetzt wollen wir Platz eins auch nach Hause bringen.“ Die Zurückhaltung gehörte der Vergangenheit an, in der niedersächsischen Landeshauptstadt lebte man das Gefühl der Tabellenführung offen aus. „Wir wollen in der nächsten Saison unbedingt Champions League spielen“, sagte Angreifer Tino Boos.

Dieses Vorhaben hat gegen Berlin in der erstmals seit viereinhalb Jahren mit 10.325 Zuschauern ausverkauften TUI Arena einen herben Rückschlag erlitten. Die Eisbären haben eine Partie weniger absolviert und können sich drei Spieltage vor Schluss mit einem Punkt vor die Scorpions schieben. Wer von Platz eins aus in die Play-offs startet, nimmt im September an der Qualifikation für die Königsklasse teil. Der spätere deutsche Meister ist direkt qualifiziert.

Dass die Hannover Scorpions es ernst meinen, hat zumindest die erfrischend offensive Anfangsphase gezeigt. Die Führung erzielten aber die Gäste – in doppelter Unterzahl traf Frank Hördler (28.). Gegenwehr war dann nur bei dem wenige Sekunden später durch Jan Dolak markierten Ausgleich spürbar. Danach ergaben sich die Scorpions in ihr Schicksal, das am Ende einer Demütigung gleichkam, weil sich die blutarm auf dem Eis herumirrenden Gastgeber phasenweise erstaunlich einfach übertölpeln ließen.

„Wir jammern auf hohem Niveau“, sagte Zach entschieden. Denn auf der Rechnung hatte die Hannover Scorpions eigentlich niemand. Nach Platz acht aus dem Vorjahr wurde ihnen auch in dieser Saison keine führende Position zugetraut. „Jetzt ernten wir den Lohn für unsere Arbeit“, weiß dagegen Geschäftsführer Marco Stichnoth, der gemeinsam mit Zach an dem Konzept festhielt, verstärkt jungen, deutschen Talenten das Vertrauen zu schenken. „Wir haben zwei hervorragende Torhüter und wenig Verletzungen“, sagt Zach, während ihm ein kurzes, stolzes Lächeln über das Gesicht huscht.

Nichts ändern konnte das an der 1 : 5-Niederlage, die die Scorpions am Sonntag bei den Kassel Huskies einstecken mussten. Zweimal hintereinander hoch verloren, das bedeutet ein Zwischentief, das die Scorpions schnell überbrücken müssen, wenn die Geschichte von der Erfolgssaison fortgeschrieben werden soll. Bereits am Dienstag wartet in und gegen Wolfsburg das erste Pokalfinale der Vereinsgeschichte wartet.

CHRISTOPH ZIMMER