Gottes Werk – und Teufels Beitrag?

Seit Wochen füllt ein Streit ganz besonderer Art die Lokalseiten der Münchner Zeitungen. Und kommt nun auch in Bremen an: Die Kloster Andechs Gastronomie AG ist insolvent, das beliebte Lokal in der Bremer City jedoch wohl nicht bedroht

Bremen taz ■ „Ach du Scheiße.“ Zugegeben, keine sehr christliche Reaktion des Bremer Gastwirts Achim Grunert auf die gestern vom Münchner Lokalteil der Süddeutschen Zeitung verbreitete und später offiziell bestätigte Nachricht, dass die „Kloster Andechs Gastronomie AG“ Insolvenz anmeldet. Immerhin wurde das gut gehende Andechser-Lokal in der Bremer Katharinenpassage erst vor einem Jahr – und mit Gottes Segen – eröffnet. „Krosse Knödel im Kreuzgang“ titelte die taz damals und freute sich insbesondere über den „zugroasten“ Pater Anselm Bilgri vom Benediktiner-Kloster Andechs, der den Segen spendierte. Der aber hat nun seinen Dienst als Chef des Finanz- und Rechnungswesens unter unfriedlichen, wenig gottgefälligen Umständen quittiert und Abschied vom „Heiligen Berg Andechs“ und seinen Brüdern genommen.

Hinter dem Streit steht die schwerwiegende Frage: Was ist ein Kloster? In erster Linie ein Ort der Einkehr, der Stille und des gottesfürchtigen Lebens? Das Kloster Andechs jedenfalls paarte sich in den vergangenen Jahren immer öfter mit dem Begriff: „wirtschaftlich florierender Betrieb“. Ob Bier oder Joghurt, Senf oder eben Gaststätten, der Wirtschaftsbetrieb des Klosters schien am Ende wichtiger als die mildtätigen Seiten der Andechser Glaubensgemeinschaft. Nun gehört es zur Tradition der Benediktiner, sich mit Wirtschaftsbetrieben Geld zu verdienen und es auf der anderen Seite für gute Zwecke wieder auszugeben. Pater Anselm Bilgri verfolgte diesen ökonomischen Weg mit Leidenschaft. Wirtshäuser, Bier et cetera also Gottes Werk? Oder doch eher Teufels Beitrag?

Der vor einem Jahr neu gewählte Abt jedenfalls, Johannes Eckart, wollte dem Kloster eine weniger wirtschaftlich dominierte Richtung geben. Für Pater Anselm war dies ein harter und von der Lokalpresse gerne durchgehechelter Schlag: Eigentlich galt er als der heißeste Kandidat für die Kloster-Leitung. Anselm Bilgrim verabschiedete sich zunächst ins „Sabbatical“ um seine Wunden zu lecken. Er wurde entmachtet, munkelten die einen, er sucht den geordneten Rückzug, die anderen. Dann aber, kurz vor Ende des Sabbat-Jahres, entbrannte der Streit neu. Schlagzeile folgte auf Schlagzeile, am Ende entschied Pater Anselm nach 25-jähriger Mitgliedschaft auf dem „heiligen Berg“, seine Ämter niederzulegen und von nun an Unternehmensberater sein zu wollen.

Und nun also, etwa als letztes Kapitel der Re-Vergeistlichung des Klosters, das Ende der Aktiengesellschaft? Die Kloster Andechs Gastronomie AG, die bundesweit zehn Wirtshäuser betreibt, wurde 1998, zunächst als GmbH, gegründet, um das Bier der Andechs Brauerei besser zu vermarkten. Das Unternehmen wird inzwischen in Ulm verwaltet. Die eine Hälfte der AG gehört dem Kloster, die andere dem Ulmer Unternehmer Rainer Staiger. Nach und nach eröffneten Gaststätten unter anderem in Augsburg, Goslar, Hildesheim und eben auch Bremen. Meist im so genannten Franchise-Verfahren: der Gastwirt kauft die Geschäftsidee und geht einen Vertrag über die Bierlieferungen ein. In Bremen hat das blau-weiße Konzept voll eingeschlagen: „Nach meiner Kenntnis läuft unser Betrieb hier am besten von allen Andechs-Häusern“, so Gastwirt Grunert. Die Münchner Ereignisse habe man in den letzten Wochen aufmerksam verfolgt. „Da haben wir im hohen Norden schon gedacht: Ohohoho. Da kommt noch was.“ Große Sorgen macht er sich allerdings nicht. Als Franchise-Unternehmer sei er „autark“. Und auch das Bier ist nicht in Gefahr, denn die Brauerei gehört nicht zur Gastronomie AG. Problematisch könnte der Mietvertrag sein, den die Andechs AG geschlossen hat. In den nächsten Tagen will Grunert daher mit dem Kloster direkt Kontakt aufnehmen – und dann wird’s der Herr ja wohl richten.Elke Heyduck