Görlitz unfroh über Plakatierer im Stadtrat

DSU-Mitglied klebte Hetz-Plakate im polnischen Boleslawiec. Bürgermeister betreibt Schadensbegrenzung

GÖRLITZ taz ■ Die Verhaftung des Görlitzer Stadtratsmitglieds Jürgen Hösl-Daum (DSU) durch die Polizei in Boleslawiec sorgt im deutsch-polnischen Grenzgebiet für Aufregung. Der 26-jährige Hösl-Daum hat gestanden, mit zwei Helfern in der polnischen Stadt Plakate geklebt zu haben. Darauf wird mit drastischen Bildern und Texten die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg angeprangert. Ob er schon länger derartig aktiv ist, prüft die Staatsanwaltschaft.

Der Görlitzer Oberbürgermeister Rolf Karbaum zeigte sich gestern betroffen: „Mich bedrückt, künftig in einem Stadtrat sitzen zu müssen, in dem ein solcher Mann anwesend ist.“ Der Kreisverband der DSU distanzierte sich von der Aktion Hösl-Daums. „Das, was er da macht, gehört nicht zum Stil der DSU, das habe ich ihm klipp und klar gesagt“, erklärt Christfried Wiedemuth, DSU-Kreisvorsitzender in der Oberlausitz. „Wir greifen zwar die Inhalte der Plakate auf, aber diese Methoden unterstützen wir nicht.“ Hösl-Daums Posten im Stadtrat stehe aber erst in Frage, „wenn es zu einer Verurteilung kommen sollte“, sagt Wiedemuth. Am Freitag soll Hösl-Daum sich gegenüber dem DSU-Vorstand erklären.

Hösl-Daum stammt aus Nürnberg und war früher in Bayern CSU-Mitglied. Erst vor etwa drei Monaten wechselte er in die DSU und wurde bei den Kommunalwahlen im Juni in den Görlitzer Stadtrat gewählt. Vergangenes Jahr wurde er in Polen vorläufig festgenommen, als er Holzkreuze in Niederschlesien aufstellte. Für seine Aktionen gibt er als Hauptgrund „die ungleiche Behandlung der Geschichte“ an.

Zur Herkunft der Plakate sagt er, sie seien ihm anonym per Post zugesandt worden. „Sie sind aber grafisch so ähnlich gestaltet wie Rundschreiben, die ich früher mal verfasst habe“, so Hösl-Daum. Die Überschrift „Polen und Tschechen, herzlich willkommen in der Europäischen Union! Unsere Gerichte arbeiten bereits fleißig, denn Mord verjährt nicht“ bezeichnet Hösl-Daum zwar als „provokant“. Die Berichte über Vertreibung, Tötungen und Zwangsarbeit seien aber Tatsachen.

Dass in Polen inzwischen die Mühlen der Justiz mahlen, beunruhigt Hösl-Daum nicht sonderlich. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Aufruf zum Rassenhass und Verunglimpfung der polnischen Nation. „Ich bin sicher, dass wir nicht bestraft werden“, so Hösl-Daum. Polnische Anwälte hätten gesagt, „da sei nichts zu befürchten“.

Die Stadt Görlitz bemüht sich inzwischen um Schadensbegrenzung in der Grenzregion. „Ich habe bereits mit dem Zgorzelecer Bürgermeister über den Sachverhalt gesprochen“, sagt Oberbürgermeister Karbaum. Die Beziehungen zwischen den beiden Städten werde der Vorfall nicht belasten. In Zgorzelec habe man Verständnis geäußert, dass „niemand gegen Derartiges gefeit“ sei. CORNELIA SOMMERFELD