Schill-Show entzweit Schill-Partei

Das Auftreten des entlassenen Hamburger Innensenators Ronald Schill sorgt für Streit in der nach ihm benannten Partei. Anhänger des Ehrenvorsitzenden formieren sich gegen ihre Hamburger Parteifreunde und Parteichef Mario Mettbach

aus Berlin ANDREAS SPANNBAUER

Die Frustration ist deutlich zu spüren. „Es macht mich betroffen, dass die Resonanz nicht so groß ist, wie ich es erhofft habe“, sagt Anke Soltkahn, Vorsitzende der Schill-Partei in Berlin. Nicht einmal ein Drittel der Mitglieder ist zum Berliner Landesparteitag erschienen. Eine magere Bilanz angesichts der Misere, in der sich die Partei nach der Entlassung ihres Zugpferdes Ronald Schill als Hamburger Innensenator befindet.

Ohnehin ist der Parteitag aus aktuellem Anlass in ein Krisentreffen verwandelt worden. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Markus Wagner und mehrere Landesvorsitzende sind angereist, um die innerparteilichen Fronten im Umgang mit Schill abzustecken. Der Ehrenvorsitzende selbst fehlt. Dafür bekennen sich die Anwesenden umso besinnungsloser zu ihm. „Wir werden mit Führungspersonen, die Fehler machen, nicht so umgehen wie die FDP mit Jürgen Möllemann“, verspricht Vize-Parteichef Wagner. Schill werde wieder in die Politik zurückkehren.

Der Abgang von Schill, das zeigt sich an diesem Samstag im Rathaus des Berliner Arbeiterbezirks Wedding, hat einen tiefen Riss in der Partei hinterlassen. Viele Anwesende sind zornig darüber, dass sich Parteichef Mario Mettbach und der Hamburger Landesverband von Schill distanziert haben. Die Hamburger hatten die Ausführungen Schills über eine angebliche „Liebeshöhle“ des Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust und seines Justizsenators Roger Kusch als „beschämend“ verurteilt. Schill soll von Beust vergangenen Dienstag in einem Vier-Augen-Gespräch gedroht haben, ein angebliches Verhältnis der beiden publik zu machen – „heute Abend, Prime Time, bundesweit“, wie der Spiegel unter Berufung auf von Beust berichtet. Parteichef Mettbach sucht daher schon „nach einem griffigen Kürzel ohne den Namen Schill“.

Für seinen Vize Wagner sind die Abtrünnigen dagegen „Hinterbänkler, die sich in Opportunismus ergehen und den Mann verdammen, dem sie ihre Ämter verdanken“. Da klatschen die Anwesenden. Der Delegierte Jens Peter Müller wittert sogar einen „parteiinternen Hochverrat“. Könnte es sein, fragt er, „dass sich Mitglieder unserer eigenen Partei an dieser Aktion beteiligt haben? Gab es Absprachen?“ Auch Karl-Heinz Ulmer, Parteimitglied in Berlin-Mitte, ist enttäuscht: „Ich bin in die Schill-Partei eingetreten und nicht in eine Mettbach-Partei!“

Da, plötzlich, platzt einem Zuhörer der Kragen. „Der Schill hat eine unglückliche Figur gemacht, wie es dümmer nicht sein kann“, ruft ein Mann mit hochrotem Kopf. Einen Augenblick lang versinkt der Saal in Geschrei. Doch die Schill-Anhänger behalten die Oberhand. Einer will „die Problematik schwuler Netzwerke zum Thema öffentlicher Debatten“ machen. Ein anderer malt mit viel Liebe zum Detail aus, wie er sich die Arbeit dieser „homosexuellen Netzwerke“ in der CDU-Kreisgeschäftsstelle vorstellt. Distanzierungen von Schills „parteischädigendem Auftreten im Fernsehen“ bleiben die Ausnahme. Nur unter der Hand sprechen einige Mitglieder Klartext: „Katastrophal“ seien die Ereignisse, sagt eine Frau.

Am Ende verabschiedet der Parteitag eine Ehrenerklärung für Schill. Landesschatzmeister Christian Eigler kann sich sogar vorstellen, dass Schill „den Bundesvorsitz übernimmt“. Die Landesverbände Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin und Sachsen stehen fest zu dem Parteigründer. Einen Parteiausschluss von Schill, das hat der NRW-Landeschef Michael Schlembach klargestellt, werde es nur über seine Leiche geben. Eine Entscheidung darüber soll spätestens auf dem Bundesparteitag Anfang Dezember fallen.