Erstmal schlau fragen

Ganz Hamburg debattiert, wer in Hamburgs Politik und Prominenz noch der gleichgeschlechtlichen Liebe frönt

„Hin und wieder fallen die sich unmotiviert in die Arme und busseln sich ab“

Homosexualität ist in Hamburg plötzlich zu einem Thema geworden. Am Anfang der Woche sah es der Großteil der hanseatischen Bevölkerung als völlig normal an, wenn ein Mensch gleichgeschlechtlich liebte. Doch seitdem der ehemalige Innensenator Ronald Schill (Partei Rechtsstaatlicher Offensive) am Dienstag sich dazu bekannte, selbst knapp zwei Jahre in schwulen Kreisen verkehrt zu haben, fragen sich immer mehr Bürger: Wer ist eigentlich noch schwul in diesem Senat? Wer bekennt sich in dieser Stadt noch zu seiner Homosexualität?

Aus der Sozialbehörde kam sofort ein klares Dementi. Die Senatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU), so ließ sie durch ihre Sprecherin Claudia Georgi verkünden, halte den Skandal rund um Schil für genauso widerwärtig wie alle anderen auch. Schwul könne sie jedoch schon aus biologischen Gründen nicht sein. Ähnliches gilt auch für Kultursenatorin Dana Horáková (Bild). Auch Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) und Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) sind eher unverdächtig. Die beiden macht der Umgang mit viel Geld sexy.

Eher halbherzig klangen die Statements aus der Umweltbehörde. Senator Peter Rehaag (Partei Rechtsstaatlicher Offensive) – Codename Dahlien-Peter – sei sich im Großen und Ganzen noch nicht ganz schlüssig über seine geschlechtliche Ausrichtung, da er in dieser Richtung noch keine Erfahrungen gesammelt habe. Sprecher Michael Mrozek sagte dazu gegenüber der taz: „Da muss ich mich in der Behörde erstmal schlau fragen.“

Viel interessanter scheint jedoch zu sein, dass es auch unter Prominenten durchaus Homoerotiker gibt. So ranken sich seit Jahren Gerüchte um Corny Littmann. Der Theater-Impressario vom Schmidt-Theater habe Kontakte in homosexuelle Kreise, so sickert immer wieder durch. Mehrmals schon ist er mit Männern zusammen gesichtet worden, die Frauenkleider trugen. Außerdem treibe er sich in szenetypischen Lokalen herum.

Auftrieb erhielten die Vermutungen, als Littmann am Millerntor in eine neue Lasterhöhle Einzug hielt. In dem riesigen Freiluft-Kulttempel soll er mit seinen Kumpels seltsame Rituale abhalten. Dabei sei es, wie Augenzeugen berichten, auch zu sexuellen Handlungen unter Männern gekommen: „Hin und wieder fallen die sich unmotiviert in die Arme, busseln sich ab oder liegen über- und untereinander.“ In den vergangenen Jahren wären solche Szenen auf dem Rasen – Insider sprechen bei diesen Praktiken von „Torerfolg“ – selten geworden.

Littmann selbst mochte zu diesen Gerüchten keine Stellung nehmen. Einzig sein Verhältnis zu Holger Stanislawski kommentiert er mit den Worten: „Ich kenne Herrn Stanislawski seit 25 Jahren. Wir haben uns damals während unserer Lehre zum Medizinischen Bademeister kennengelernt, und seither sind wir gute Freunde.“

Letztlich werden sich auch in Hamburg die Wellen der Begeisterung über die neue Mode Homosexualität wieder legen. Schon mehren sich die Stimmen, dass in einigen Monaten kaum noch jemand darüber sprechen werde. So äußerte sich der Freizeitforscher Horst W. Opaschowski: „Erst kamen die Tamagotchi, später die Tretroller, jetzt ist Schwulsein in. Als Freizeitforscher weiß ich selbstverständlich heute schon, mit welchen Methoden sich die Hamburger in einem halben Jahr den so genannten Kick verpassen. Spannender wird‘s aber nicht werden.“ else