Falsche Tickets und Fehldrucke

Weil BVG-Kunden mit gefälschten Monatstickets erwischt wurden, steht nun eine Kioskinhaberin vor Gericht. Bei ihr wurden die Fahrscheine ausgegeben. Sie stöhnt über die komplizierte EDV der BVG

VON MAREKE ADEN

Fest steht erstens, dass im Jahr 2000 viele Menschen mit BVG-Monatskarten erwischt wurden, die gefälscht waren. Außer Zweifel steht zweitens, dass 37 dieser Menschen sich bei der Polizei daran erinnert haben, sie hätten ihre Karte bei Ines A. gekauft, die in ihren Kiosk auch eine BVG-Verkaufsstelle integriert hatte. Sicher ist drittens, dass einige auch noch den EC-Kartenbeleg vorlegen konnten, auf dem der Kiosk von Ines A. und der Preis für eine Monatskarte standen. Viertens ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Staatsanwalt sich fast einen Knoten in die Zunge redet, als er aus der Handakte 37 Daten, 37 Uhrzeiten, 37 Preise und um die 20 Kontonummern und Bankleitzahlen vorliest. Als er nach fast einer halben Stunde fertig ist, klingt das fünftens nach einer erdrückenden Beweislage und einer einfachen Sache für das Schöffengericht.

Der Richter hat die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen, in der nun die Ungewissheiten beginnen. Ines A. kann sich nicht erklären, wie ihre Kunden an gefälschte BVG-Karten kamen. Sie beschwert sich stattdessen über das kurz zuvor eingeführte BVG-System, das mit einem Terminal und einer angelieferten Rolle leerer Fahrkarten funktionierte: „Es gab viele Fehldrucke.“

Außerdem hätten einige Kunden das Durcheinander noch vergrößert, indem sie erst eine Karte bestellt und es sich dann doch anders überlegt hätten. Stornierungen hätte die BVG sehr mäkelig zur Kenntnis genommen – „So geht das nicht“ – deshalb habe sie, Ines A., die Karten lieber liegen lassen und gehofft, dass ein anderer Kunde möglichst ähnlich mit den Verkehrsbetrieben reisen und deswegen genau so eine Karte würde kaufen wollen. So ist aus ihrer Sicht zu erklären, dass nicht alle verkauften Karten wie vorgesehen abgerechnet wurden.

Jetzt soll Harald B. aussagen, mit dem sie im fraglichen Zeitraum noch Bett, Familie, Kioskbetrieb und die lizenzierte BVG-Verkaufstelle teilte und der folglich die Täterschaft mit ihr teilen könnte. Harald B. aber sagt erst nach Rücksprache mit seinem Anwalt genau das, was die verflossene Liebe bereits gesagt hat, nur kürzer. Er fügt hinzu, dass er vor vier Jahren während der Olympischen Spiele an der Ostsee war und in dem Zeitraum bestimmt keine BVG-Karten verkauft hat. Es klingt ein wenig wie das Angeklagtendilemma: Wir sind es nicht gewesen, aber wenn doch, dann war nur sie es.

Auszuschließen ist ihre Unschuld nicht. Harald B. hat einmal bemerkt, dass jemand erst 14 Monatskarten haben wollte, aber von dem Kauf Abstand nahm, nachdem sich Harald B. eine Weile an seiner defekten EC-Karte versucht hatte. In dieser Zeit hätte der Mann die ausgedruckten Karten schnell durch falsche ersetzen können.

Die BVG gibt aber in Form ihres Angestellten mit dem passenden Nachnamen Bahn zu, dass der Übergang zum elektronischen System „schlecht geplant war, um es mal galant auszudrücken“, und die Buchungen nur schwer nachzuvollziehen seien. Im Jahr 2000 habe sich die „organisierte Kriminalität“ das zunutze gemacht, nachdem „gewisse Leute“ Blankokarten und die passenden Thermodrucker geklaut hätten. Der Prozess wird nächsten Montag fortgesetzt.