Der Star ist der Star

Dirk Nowitzki, NBA-Star aus Dallas, macht beim 78:64-Sieg der deutschen Basketballer im Länderspiel gegen die Türkei 17 Punkte, holt 7 Rebounds und schreibt 487 Autogramme

aus Frankfurt ACHIM DREIS

Die Uhr tickte schon erbarmungslos gegen null, als Jonas Düring doch noch die entscheidende Lücke sah, blitzschnell seinen roten Mini-Basketball nach vorne schob und Dirk Nowitzki tatsächlich ein Autogramm draufkritzelte, bevor er zum nächsten Fernsehtermin hetzte. Auf der Gegentribüne verfolgten die Eltern des 12-jährigen Jonas die Szene mit den Ausrufen „Ja. Jaa. Jaaaaaah“ und sprangen auf, als hätte ihr Jüngster gerade den entscheidenden Korb erzielt. So ähnlich fühlte sich der Mini-Basketballer vom TV Gelnhausen auch. Schließlich hatte er geschafft, wofür einige hundert Teenager und Twens in Viererreihen rund um das Basketballfeld in der Frankfurter Ballsporthalle eine gute halbe Stunde nach Abpfiff des Länderspiels Deutschland – Türkei (78:64) angestanden hatten.

Dirk Nowitzki spielt wieder für Deutschland. Elf Monate nach der Weltmeisterschaft 2002 von Indianapolis, als der Ex-Würzburger zum wertvollsten Spieler des Turniers geadelt wurde und das deutsche Team Bronze gewann. Die Fans lieben ihn dafür, und Deutschlands bester Basketballspieler aller Zeiten zahlt zurück mit Körben, Assists und Autogrammen auf Postern, Bällen und bauchfreien T- Shirts.

Der Forward von den „Dallas Mavericks“, was so viel wie „texanisches Rindvieh ohne Brandzeichen“ heißt, ist sich seiner Sonderrolle sehr wohl bewusst. Dennoch gibt er sich alle Mühe, in der Mannschaft als Teil des Ganzen („Es macht riesigen Spaß, mit den Jungs zusammenzuspielen. Gemeinsam können wir einiges erreichen“) und abseits der Außenlinien als Superstar zum Anfassen aufzutreten.

Doch die Umstände heben ihn heraus. Seine Krankenversicherung in Höhe von 190.000 US-Dollar nur für EM-Vorbereitung und -Finalrunde (13. 8. bis 15. 9.) würde aufs Jahr hoch gerechnet Ulla Schmidts Gesundheitsreform fast alleine finanzieren. Im Vorraum der Ballsporthalle wurden Basketball-Nationaltrikots für 59 Euro verkauft. Es gab sie in Weiß und in Schwarz. Es gab sie mit der Nummer 14 und dem Namen Nowitzki, oder es gab sie blanko. So waren am Samstag etwa 350 Nowitzkis in allen Körpergrößen und Hautfarben unterwegs. Wer nicht die 14 trug, trug meist die 41 – das ist Nowitzkis Nummer bei den Mavericks.

Auf dem Feld war das Original Dreh- und Angelpunkt der deutschen Mannschaft gegen den Vize-Europameister von 2001. Nowitzki stand mit 31:39 Minuten von allen zwölf Spielern am längsten auf dem Platz, er machte als Topscorer 17 Punkte, er gab drei Assists, und ihm gelangen sieben Rebounds. Vor allem aber lenkte er die Partie. Der 2,11-m-Hüne selbst war nicht ganz zufrieden. „Körperlich bin ich topfit, aber mir fehlt Spielpraxis.“ Seit Ende Mai, als er mit den Mavericks in den Play-offs gegen den späteren Champion San Antonio Spurs ausschied, hatte er kein Mannschaftstraining mehr genossen. In der Offensive zeigte Nowitzki einige Schwäche, von der Freiwurflinie vergab er mit seiner etwas eigenartigen X-Bein-Stellung gleich zwei der ersten drei Versuche, versenkte aber die restlichen sechs sicher. „Das Wichtigste ist, dass wir hinten solide stehen“, analysierte er und attestierte insgesamt eine deutliche Steigerung gegenüber dem knappen Sieg vom Freitag (83:82). Nicht in den Griff bekam die deutsche Defensive allerdings den türkischen NBA-Spieler Mehmet Okur (Detroit Pistons), der 21 Punkte machte.

Trotz eines furiosen Auftakts lag das deutsche Team nach zehn Minuten 12:16 zurück. Im zweiten Abschnitt drehte die Truppe von Bundestrainer Dettmann dann auf, distanzierte die Türken bis zur Pause (39:28) deutlich und legte den Grundstein zum Sieg. In dieser Phase machte Nowitzki alleine acht Punkte, wobei jede seiner gelungenen Aktionen von den gut 5.100 Zuschauern in der ausverkauften Halle frenetisch gefeiert wurde, und selbst seine Fehlwürfe mehr Anteilnahme hervorriefen als Körbe anderer Spieler.

Vor der EM in Schweden (5. bis 14. 9.) hat das deutsche Team nun beim Supercup in Braunschweig mit Partien gegen Schweden, Kroatien und Frankreich sowie weiteren Testspielen gegen Bosnien und Italien noch Zeit für die Feinabstimmung. Gegen die Türkei zeigte Robert Maras von den Opel Skyliners (16 Punkte) seine beste Leistung im Nationaltrikot. Ademola Okulaja (Málaga) steuerte 12 Zähler und neun Rebounds bei.

Neid auf den Superstar gibt es in der deutschen Mannschaft übrigens nicht. Robert Maras verweist zwar darauf, „dass wir auch ohne Dirk die EM-Qualifikation geschafft haben“, aber den Hype um den blonden Helden findet er „eher angenehm. Er zieht alle Blicke auf sich. Das entlastet uns sehr.“ Und wenn man ganz genau hinschaut, findet man sogar das eine oder andere Trikot, das nichts mit Nowitzki zu tun hat. So wurde in der Ballsporthalle eine 13 gesichtet, hinten drauf stand: „Ballack“.