Grüne wollen Zwangsanhörungen checken

Die Praxis, abgelehnte Asylbewerber von Vertretern mutmaßlicher Heimatstaaten verhören zu lassen, stößt auf Kritik

BERLIN taz ■ Die Grünen im Bundestag wollen einen Teil der bundesweiten Abschiebepraxis überprüfen. Anlass ist die Strafanzeige von vier abgelehnten Asylbewerbern aus China gegen die Ausländerbehörde in Trier. Dort waren die vier von chinesischen Polizeibeamten vernommen und dabei nach eigenen Angaben bedroht und verletzt worden (taz vom 14. August). Die Vernehmung hatte hinter verschlossenen Türen ohne Beisein deutscher Behördenvertreter stattgefunden.

„Der Menschenrechtsausschuss und die zuständigen Abgeordneten der Grünen werden diesen Vorfall zum Anlass nehmen, die gesetzlichen Grundlagen zu diesem Verfahren zu überprüfen“, sagte Jutta Graf vom Büro des migrationspolitischen Sprechers der Bundesgrünen, Josef Winkler, gestern zur taz.

In diversen Abkommen des Bundesinnenministeriums (BMI) mit den Regierungen verschiedener Länder ist geregelt, dass zur Klärung der Identität abgewiesener Asylbewerber so genannte Experten aus den mutmaßlichen Herkunftsländern der Asylbewerber herangeholt werden können. Wer diese Experten sind, entscheide die jeweilige Regierung, erklärt BMI-Sprecherin Ingrid von Stumm.

Keine Auskunft gibt das Ministerium darüber, ob in den Vereinbarungen definiert ist, welche Qualifikation die Experten haben müssen. Dass aus einem Land wie China beispielsweise Polizisten zur Vernehmung herangeholt werden, sei durchaus vertretbar, so die Sprecherin. Auch die Frage nach der Festlegung des Orts bleibt unbeantwortet. „In der Regel“, so von Stumm, solle das Verfahren in der jeweiligen Botschaft stattfinden. Dort haben deutsche Beamte keine Verfügungsgewalt und sind zu den Vernehmungen meist nicht zugelassen. Offenbar aber werden die Anhörungen häufig auch an anderen Orten durchgeführt: So wurden in München Asylbewerber in Wohnheimen vernommen, in Berlin fand vergangenen Mittwoch eine Anhörung von Nigerianern in der Ausländerbehörde statt. Nach Angaben von Pro Asyl sind häufig auch bei Anhörungen außerhalb der Botschaft Begleitpersonen nicht zugelassen. Hierzu erklärt die Grünen-Referentin Jutta Graf: „Es müssen klare Standards definiert werden, die sich an unserer rechtsstaatlichen Verfassung orientieren.“

Anhörungen finden derzeit nicht nur in Kooperation mit chinesischen Behörden, sondern auch mit Vertretern aus dem Iran, aus Nigeria, Togo, Vietnam und der Türkei und vermutlich vielen anderen Ländern statt, erklären Flüchtlingsorganisationen.

Inzwischen hat die Trierer Staatsanwaltschaft einen Teil des Verfahrens eingestellt: Gegen die beschuldigten deutschen Beamten der Ausländerbehörde, wo die Vernehmung stattfand, wird nicht weiter ermittelt. Begründung: In der Strafanzeige hätten die Kläger selber formuliert, dass die Beamten nicht gewusst hätten, was hinter der verschlossenen Tür stattfand. „Wer nichts weiß“, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, „der kann auch nicht schuldig sein.“

NINA MAGOLEY