Üppiges Wachstum

Der Hafen kann wieder nur positive Zahlen melden. Handel mit Ostseeraum und Fernost boomt. Rotterdam ist im Visier

von PETER AHRENS

„Wir müssen uns fast für unsere guten Ergebnisse entschuldigen“, sagt der Sprecher mit dem Namen, bei dem man als verantwortungsvoller Journalist um Wortspiele an sich nicht herumkommt. Jürgen Sorgenfrei ist der Marketingchef des Hamburger Hafens, und der trotzt allen Konjunktur-Malaisen. Im vergangenen halben Jahr sind die Umschlagszahlen wieder um 7,2 Prozent gewachsen, was vor allem dem Geschäft mit Fernost und dem Ostseeraum gedankt ist.

Wenn es dem Hamburger Hafen zu gut geht, wird er übermütig – und hat dem seit Jahren unangefochtenen Marktführer Rotterdam offen den Kampf angesagt. „Rotterdam wird mittlerweile von zwei Seiten eingekeilt“, frohlockt Sorgenfrei – von Norden holt Hamburg auf, von Süden das belgische Antwerpen. Noch liegen die Niederländer, was Umschlag und Schiffsbewegungen anbetrifft, in Europa deutlich an der Spitze – „aber lassen Sie uns mal zwei oder drei Jahre abwarten“, sagt Sorgenfrei und trägt damit selbst zu dem bei, was er festgestellt hat: „Die Bandagen im Konkurrenzkampf werden härter.“

Hamburg fühlt sich inzwischen stark genug, diesen Konkurrenzkampf aufzunehmen. Stark genug auch, den deutschen Mitbewerber Bremen kaum noch zu erwähnen. Sorgenfrei zählt auf: Der Amerikamarkt hat sich nach der Delle im Anschluss an den 11. September 2001 wieder stabilisiert, das Geschäft mit China wächst, aber die größten Ausschläge nach oben hat der Handel mit dem Baltikum und den anderen Ostseestaaten. Russland plus 19 Prozent, Finnland plus 20 Prozent, Baltikum plus 40 Prozent – das sind Zahlen, die Sorgenfrei zu dem Satz verleiten: „Wir ernten jetzt die Früchte, die wir in den 80ern und 90ern gesät haben.“

Die Früchte kommen vorrangig per Container. „Die Industrie produziert mittlerweile direkt in die Box“, fasst der Hafen-Marketingleiter zusammen. Auch hier Wachstum ohne Ende: Der Containerumschlag ist in den ersten sechs Monaten des Jahres noch einmal um 14,9 Prozent nach oben gegangen. Der konventionelle Umschlag dagegen, rückläufig seit Jahren, ist inzwischen nur noch eine statistische Größe, der für das Hafenergebnis kaum eine Rolle spielt.

Sorgen bereitet dem Hafen das Wachstum höchstens, was die Infrastruktur anbetrifft. Die Anlieferverkehre sorgen für LKW-Staus rund um den Hafen. Dass Sorgenfrei das zum Anlass nimmt, sowohl die Autobahnquerspange als auch die Elbvertiefung zu fordern, gehört zum ceterum censeo des Hafens.