Sudans grinsender Strippenzieher

Während die Welt seit mehr als einem halben Jahr mitfiebert, ob Sudans Präsident Omar Hassan al-Baschir wegen seiner Kriegsverbrechen in Darfur vom Internationalen Strafgerichtshof angeklagt wird, übt der 65-Jährige sich in Gelassenheit. In der Öffentlichkeit präsentiert er sich neuerdings gern mit einem Grinsen. Das ist ungewöhnlich für einen Mann, der UN-Blauhelmsoldaten noch vor zwei Jahren mit einem heiligen Krieg drohte, sollten sie jemals nach Darfur kommen. Hinter den Kulissen freilich lässt al-Baschir seine Verbündeten alle Hebel ziehen, um einen Haftbefehl gegen ihn zu verhindern.

Dabei zahlt sich die Günstlingswirtschaft aus, die al-Baschir zum Rückgrat seiner Außenpolitik gemacht hat. China, Sudans größter Waffenlieferant und Hauptabnehmer sudanesischen Öls zugleich, hat al-Baschir schon früher vor UN-Sanktionen bewahrt.

Protesten begegnet al-Baschir mit der eisernen Hand des Generals: In Staats- und Parteigeschäften duldet er keinen Zweiten neben sich. Als er 2005 einen Friedensvertrag unterzeichnete, der mehr als 20 Jahre Bürgerkrieg im Süden beendete, war es al-Baschir besonders wichtig, jedes Anzeichen von Schwäche zu vermeiden: „Wir haben das Abkommen unterzeichnet, während wir eine Siegesserie hatten.“

Eine der Haupteigenschaften al-Baschirs, sagen Weggefährten, ist Stolz. Seine fehlende Bildung gleicht der am Neujahrstag 1944 als Sohn eines Bauern geborene Taktiker mit einem martialischen Auftreten aus, das seine Gegner einschüchtern soll. Al-Baschirs wahre Heimat ist bis heute das Militär: Mit nur 16 Jahren trat er in die sudanesische Armee ein. Er kämpfte 1973 an der Seite ägyptischer Truppen gegen Israel und in den 80er-Jahren gegen die Rebellen im Südsudan. Im Jahr 1989 putschte er sich an die Macht – mit Unterstützung des Islamisten Hassan al-Turabi, den er später ins Gefängnis werfen ließ.

Die seit 2005 offiziell mitregierende südsudanesische Volksbefreiungsbewegung hat Baschir weitgehend kaltgestellt. Trotzdem kann er nicht sicher sein, dass er die für dieses Jahr geplante Wahl im Sudan gewinnt – viele glauben, dass sie deshalb gar nicht erst stattfinden wird.

Möglich wird al-Baschirs Autokratie durch einen einzigartigen wirtschaftlichen Aufschwung: Finanziert durch Ölmillionen verwandelt sich Khartum derzeit mit Prachtbauten und Wolkenkratzern in eine Art afrikanisches Dubai. Außerhalb der Hauptstadt entwickelt sich hingegen kaum etwas: Vor allem deshalb kommt es nicht nur in Darfur, sondern auch im Süden und im Osten des Landes immer wieder zu Aufständen – die al-Baschir dann militärisch niederschlagen lässt. MARC ENGELHARDT