Der Mann, der bis zuletzt noch lächelte

Das Landgericht Augsburg verurteilt den Politikersohn Max Strauß wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und drei Monaten Haft. Die Richter sprechen von Raffgier und krimineller Energie. Die Verteidigung kündigt zunächst keine Revision an

AUS AUGSBURG JÖRG SCHALLENBERG

Nervös und abgekämpft wirkte Wolfgang Dingfelder, der Verteidiger von Max Strauß morgens um neun. Wenige Minuten vor der Urteilsverkündung huschte er schnell noch über den Flur des Augsburger Landgerichtes, um sich am Automaten einen Becher Kaffee zu ziehen.

Er ahnte, was gleichzeitig ein Reporter des Bayerischen Rundfunks wenige Meter entfernt im Foyer den Fernsehzuschauern prophezeite: Dass die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts an diesem Vormittag Max Strauß wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis schicken würde. Er hatte Recht. Gestern um 9.52 Uhr verkündete der Vorsitzende Richter Maximilian Hofmeister, dass der älteste Sohn von Franz Josef Strauß für drei Jahre und drei Monate hinter Gitter muss; damit blieb die Kammer nur drei Monate unter der vom Staatsanwalt geforderten Strafe.

Das Gericht betrachtete es als erwiesen, dass Strauß vom Rüstungslobbyisten Karl-Heinz Schreiber insgesamt 5,2 Millionen Mark an Provisionen kassiert und diese nicht versteuert habe. Max Strauß sackte nach der Urteilsverkündung leicht in sich zusammen, schloss die Augen und lächelte. Ein langes, tiefes Lächeln, als sei er im Moment gar nicht hier im Gerichtssaal A 101, sondern in einer ganz anderen Welt. In der all das vielleicht nicht passiert ist, was ihm Richter Hofmeister in den folgenden zwei Stunden vorhielt. Denn der bezeichnete es als „raffgierig“ wie Strauß „mit anhaltender krimineller Energie“ ein ausgeklügeltes System von Tarnnamen, Schweizer Konten und verdeckten Zahlungen genutzt habe, um die Millionenprovisionen am Fiskus vorbeizuschleusen.

Das Gericht stützte sich bei seiner Entscheidung insbesondere auf zwei Kalender von Karl-Heinz Schreiber aus den Jahren 1991 und 1994. Zusammen mit Kontounterlagen haben diese nach Ansicht von Richter Hofmeister ergeben, dass Strauß für mehrere Airbuslieferungen nach Thailand und Kanada sowie für Panzergeschäfte des Thyssen-Konzerns mit Saudi-Arabien von Schreiber das Geld erhalten habe. Darunter seien auch 500.000 Mark gewesen, die im Zusammenhang mit der Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern auf das so genannte Maxwell-Konto flossen. Eine Befragung des vor wenigen Tagen verhafteten Ex-CSU-Staatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls, der wegen des Verdachts von Schmiergeldzahlungen in der gleichen Angelegenheit gesucht wurde, lehnten die Augsburger Richter als „nicht notwendig für dieses Verfahren“ ab. Fragen können sie ihn demnächst trotzdem: Sobald Pfahls nach Deutschland ausgeliefert wird, muss er sich vor der gleichen Strafkammer verantworten wie Strauß.

Für dessen Verurteilung aber reichten dem Landgericht neben den beschlagnahmten Unterlagen vor allem die Zeugenaussagen des ehemaligen Schreiber-Vertrauten Giorgio Pelossi, des ehemaligen CSU-Schatzmeisters Walther Leisler Kiep und der Ehefrau des einstigen CSU-Politikers Erich Riedl aus, die allesamt darauf hinwiesen, dass Strauß Teil eines geheimen Business-Netzwerkes von Schreiber war, bei dem alle Beteiligten über Schweizer Konten bezahlt wurden. Dagegen schlossen die Richter aus, dass das Konto „Maxwell“ zunächst für Franz Josef Strauß angelegt wurde; die ersten Zahlungen gingen erst nach dessen Tod 1988 ein.

Verteidiger Wolfgang Dingfelder, der nach der Urteilsverkündung nur noch resigniert dreinblickte, nannte die Ausführungen des Gerichts „ein Blendwerk“ und betonte, dass sein Mandant nie etwas von dem „Maxwell“-Konto gewusst habe. Strauß lächelte nicht mehr, als er den Gerichtssaal verließ.