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: Ball rollt auch bei 40 Grad

Michaela und der Hitze-Koller

Alle reden vom Wetter. Keiner fährt nach Italien. Und nur Sebastian Kehl hat Hitzefrei. Wegen seines heißspornigen Schubsers gegen den Schiri im Saison-Prolog. Dank Ligacup sechs Wochen Sommerferien extra für den Dortmunder Borussen. Beneidenswert.

In den Schwimmbädern liegen sogar die Strandbälle platt auf dem Rasen. Doch die Bundesliga tritt treu und brav um 15.30 Uhr ihren Dienst an. Die Fußballer mussten ran, obwohl es die Sendung nicht mehr gibt. Wir wissen, was Arzt oder Apotheker empfehlen, aber Liga-Chef Hackmann und seine Subpräsidenten sahen keine Gefährdung durch Hochleistungssport in der prallen Mittagshitze. Sind ja schließlich Vollprofis, hieß das Totschlagargument aus den klimatisierten VIP-Logen. Und so erhielt der Begriff Sommerfußball plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Nicht mehr nur Synonym für müden Standfußball, sondern Symbol für Hitzebeständigkeit.

Die Zahl 40, sonst erst gegen Saisonende als Punkt-Maß für den Klassenerhalt ein Muss, war erstmals in 40 Jahren Bundesliga schon am 2. Spieltag in aller Munde: 40 Grad im Schatten hatten die Meteorologen für sonnige Plätze wie Freiburg im Breisgau oder das Bochumer Ruhrstadion vorhergesagt. Und sie hatten nicht übertrieben. Doch woher Schatten nehmen, wenn es kein Stadiondach zum Zuschieben gibt?

Schuld an allem ist Michaela, aha, einst von Fußball-Gott Karel besungen. Sie hat als Hoch seit Tagen halb Europa im Griff, und damit auch die Bundesliga. Auf einem der größten Spielplätze bekam Gotts Landsmann Rosicky die Sonne ganz gut, und auch sein der Sonne so nah spielender Freund Jan erlitt keinen Hitze-Koller. Zwar herrscht bei Borussia schon seit Jahren Sammertime, doch nach dem 4:0 gegen Wolfsburg fand sogar Matthias living ganz easy. Warum sich Wölfe bei Hitze lieber im dunklen Wald verstecken, wurde dagegen schnell deutlich.

Auch die Münchner Löwen dösten zwar über weite Strecken ihres Spiels gegen Schalke träge vor sich hin, aber ein Punkt ist ein Punkt. Erspielt im Olympiastadion, das unbestätigten Gerüchten zufolge in Hitzfeld umbenannt werden soll.

Dessen Männer behielten in einem hitzigen Spiel gewohnt kühlen Kopf. Kurz nachdem Hannovers Idrissou Hitzefrei wegen durchgebrannter Sicherungen bekam, retteten die Bayern mit dem 3:3 einen Punkt in der Nachspielzeit. Ebenso unentschieden endeten die dehydrierenden Duelle in Freiburg, Bochum und Bremen. Dort traf Werders Kugelblitz Ailton schon zum dritten Mal im zweiten Spiel. Brasilianer sind eben noch geschmeidiger, wenn das Wetter stimmt.

Mit seinem 2:1-Coup in Köln hat der 1. FC Kaiserslautern endlich die Minuspunkte aus der Tabelle verbannt. Beim anderen FCK ärgert sich das Tief Friedhelm über seine abgetauchte Abwehr. Doch bis bei Funkel die Funken fliegen, fließt noch viel Wasser den Rhein runter. Sofern der nicht vorher austrocknet. Aber das hängt vom Wetter ab.

ACHIM DREIS