Was aus einem Ausflug alles werden kann
: Einstmals auf der Suche nach der Moorleiche

Es war die erste Reise nach dem Abitur. Norddeutschland war ein einziger großer weißer Fleck, aber Teufelsmoor klang gut. Moor - so etwas hatten wir im westfälischen Paderborn nicht und nie gehabt, aber wir hatten Droste-Hülshoff zu lernen gemusst, und dann noch in Kombination mit dem Worte Teufel – es hörte sich an nach Grusel und Nebelwabern. 18-Jährigen steht zuweilen der Sinn nach so etwas.

Also auf, einer von uns hatte schon einen Führerschein, Premierenausflug mit dem Auto. Irgendwo nördlich von Bremen sollte dieses Moor nach unserem Diercke-Schulatlas sein, also wurde Bremen zunächst angesteuert: Hui, große Stadt, Überseemuseum, Werder-Stadion, jetzt aber hinaus ins Wilde, ins ungebändigte Moor. Wir fuhren und fuhren, Lilienthal, Grasberg, Worpswede – Modersohn, wohin das Auge blickt, aber sonst moderte nichts. Irgendwann hießen die Ortschaften Heißenbüttel und Hambergen, ein Schild grüßte: „Auf Wiedersehen beim nächsten mal im Teufelsmoor“, und das war‘s. Kein Glucksen, keine Leiche, die ihre fahlen Skelettfinger in die Höhe reckt, nicht einmal fauliger Geruch, nur schöne norddeutsche Wiesen und Hecken. Aber wer wollte Schönheit?

Auf dem Rückweg sind wir in irgendein niedersächsisches Waldgebiet geraten, es dürfte zwischen Nienburg und Bruchhausen gewesen sein, wo das Auto zur Hälfte im moorigen Untergrund versunken ist. Mit vereinten Kräften haben wir es wieder rausgezogen. Alles war auf einmal gut.

Peter Ahrens