Schulen dürfen Eltern informieren

Gericht: Auch Eltern volljähriger Schüler dürfen in Rheinland-Pfalz über wichtige Entscheidungen informiert werden

KOBLENZ dpa ■ In Rheinland-Pfalz darf die Schule auch Eltern volljähriger Schüler über weitreichende Entscheidungen wie eine Nichtversetzung oder einen Schulausschluss informieren. Dies entschied der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in einem am Montag in Koblenz veröffentlichten Urteil und bestätigte damit die entsprechende Regelung des Landesschulgesetzes. Das Land hatte das Gesetz als Konsequenz aus dem Amoklauf von Erfurt geändert, bei dem der 19-jährige Robert Steinhäuser 16 Menschen erschossen und sich anschließend selbst getötet hatte. Ein Auslöser war sein Ausschluss von der Schule. Seinen Eltern hatte er diesen verheimlicht. Gegen die Änderung hatte eine 18-jährige Schülerin Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Der Verfassungsgerichtshof wies ihre Beschwerde nun zurück. Die Unterrichtung der Eltern volljähriger Schüler sei geeignet, Risiken wie einen Amoklauf zu verringern. Die Schüler erlebten in diesem Alter eine Umbruchphase vom Jugendlichen zum Erwachsenen, die mit Vollendung des 18. Lebensjahres oft noch nicht abgeschlossen sei. In dieser Phase könnten Misserfolgserlebnisse in der Schule zu Kurzschlusshandlungen führen. In Extremfällen könne dies bis zu einem Amoklauf wie in Erfurt gehen, erklärte der Verfassungsgerichtshof.

Die klagende Schülerin, die ein Gymnasium in Speyer besucht, sah in dem Gesetz einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr Recht auf Datenschutz. Wenn Eltern sich nicht von allein um den Werdegang ihrer Kinder kümmerten, hätten sie offenkundig kein Interesse an deren Problemen. Eine Unterrichtung würde dann die Fronten eher noch verhärten.

Die rheinland-pfälzischen Verfassungsrichter gingen dagegen davon aus, dass eine „unterbliebene Kommunikation“ in der Familie nicht zwingend auf Desinteresse der Eltern schließen lasse. Die Phase des Erwachsenwerdens sei gerade durch das Bestreben gekennzeichnet, sich der Erziehung der Eltern zu entziehen. Der Staat dürfe auf die auch nach dem 18. Geburtstag bestehende familiäre Beziehung setzen und „daran die Erwartung faktischer Hilfestellung knüpfen“. Az. VGH B 2/04

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