Liberia: Klage gegen Klage

Liberias Präsident Taylor will Rücknahme des UN-Haftbefehls. Greifen USA doch ein?

BERLIN taz ■ Liberias Präsident Charles Taylor hat vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag die Aufhebung des Haftbefehls beantragt, den das UN-Kriegsverbrechertribunal für Sierra Leone gegen ihn ausgestellt hat. Der Haftbefehl widerspreche dem Völkerrecht, weil amtierende Staatschefs nicht von einer fremden Gerichtsbarkeit verfolgt werden dürfen, so der gestern bekannt gemachte Antrag.

Die Rücknahme oder zumindest Nichtvollstreckung des Haftbefehls gilt als Bedingung dafür, dass Taylor sein Amt aufgibt und sich ins Exil nach Nigeria begibt; dies wiederum ist die Bedingung dafür, dass die gegen ihn kämpfenden Rebellen die Kämpfe und die Belagerung der Hauptstadt Monrovia einstellen. Taylor hatte letzte Woche versprochen, am kommenden Montag zurückzutreten. Immer wieder kommen aus seinem Umfeld jedoch Signale, dass er das eigentlich nicht will.

Die nigerianische Eingreiftruppe, die derzeit auf dem internationalen Flughafen Robertsfield 50 Kilometer außerhalb der Stadt Position bezieht, hat darauf keinen Einfluss. Für gestern kündigte sie eine erste Patrouille im Stadtzentrum an. Derweil rückt ein militärisches Eingreifen der USA wieder in den Bereich des Möglichen. Ein Team von sechs bis zehn US-Militärs ist beauftragt worden, Kommunikation zwischen der nigerianischen Friedenstruppe und den US-Kriegsschiffen vor Westafrikas Küste herzustellen. Drei US-Schiffe mit 2.500 Marines waren gestern noch 150 Kilometer von Liberia entfernt. Sie sollen 64 Kilometer vor der Küste stationiert werden, damit von ihnen aus Hubschrauber nach Liberia fliegen könnten. Nach unbestätigten US-Fernsehberichten erwägt die US-Regierung, 300 Soldaten von den Schiffen für 90 Tage nach Monrovia zu schicken. D.J.