Der Fiedler will neu punkten

Leipzigs Oberbürgermeister Tiefensee (SPD) will statt des Großflughafens Schönefeld eine Vier-Länder-Kooperation mit Doppelflughafen Tegel–Leipzig. Beim Senat stößt er damit auf Ablehnung

von STEFAN ALBERTI

Vor ein paar Monaten hat Wolfgang Tiefensee Leipzig die deutsche Olympiabewerbung herbeigefiedelt. Nun versucht der SPD-Oberbürgermeister erneut, wenn auch dieses Mal ohne Cello, für seine Stadt zu punkten: Statt eines Großflughafens Schönefeld stellt er sich in einer Mehr-Länder-Kooperation einen Doppelflughafen mit Tegel und Leipzig/Halle vor. Schönefeld spielt in seinem Konzept nur eine nachrangige Rolle. Im Senat mochte man sich gestern über den per Agentur verbreiteten Vorschlag nicht unterhalten. „Es hat kein direktes Angebot gegeben“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS).

Tiefensees Vorstoß fällt in eine Zeit der Verunsicherung über die Zukunft des Großflughafens. Dessen private Finanzierung durch den Baukonzern Hochtief und die Immobiliengruppe IVG war im Mai endgültig gescheitert. Im Juli forderte der Bürgerverein Berlin-Brandenburg den sofortigen Planungsstopp, vor einer Woche unterlag die Flughafengesellschaft in einem Musterprozess um Flughafengebühren. Eine dabei verbotene Quersubventionierung der drei Berliner Flughäfen zugunsten von Schönefeld aber gehörte zum Finanzierungskonzept für den Großflughafen.

Wirtschaftssenator Wolf mochte Tiefensees Idee gestern nichts abgewinnen. „Ich habe Verständnis dafür, dass Leipzig nach einer stärkeren Auslastung seines Flughafens sucht“, sagte er. „Wir sind aber bekanntlich in einem laufenden Planfeststellungsverfahren.“ Auch der länderübergreifende Ansatz – Tiefensee will Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einbinden – überzeugt in Wolfs Verwaltung nicht. „Wir habe seit 12 Jahren mit Brandenburg eine länderübergreifende Holding und auch noch den Bund dabei“, sagt Wolfs Sprecher Christoph Lang.

Grünen-Verkehrsexperte Michael Cramer warf Tiefensee vor, Belastungen und Gefahren von Tegel als innerstädtischem Flughafen zu ignorieren. Am Ausbau von Schönefeld sei festzuhalten (siehe Interview).

Nach dem Scheitern der Privatisierungsverhandlungen am 22. Mai liegt laut Lang das Hauptaugenmerk darauf, das Planfeststellungsverfahren als entscheidende Genehmigung hinter sich zu bringen. Ein entsprechender Beschluss wird für das Frühjahr 2004 erwartet. Sind danach auch Klagen von Flughafengegnern überstanden, habe man 2004/2005 eine rechtssichere Baugenehmigung in der Hand. „Dann wird sich die Frage einer privaten Beteiligung wieder ganz anders stellen“, sagt Lang.

Er widersprach der verbreiteten Auffassung, der Großflughafen werde nun in jedem Fall öffentlich finanziert: Das habe der Senat nie gesagt, stattdessen nur klar gemacht, dass Bund und die beiden Länder das Projekt auf jeden Fall durchziehen und notfalls selbst finanzieren würden. Bestehe Rechtssicherheit, sei man in einer stärkeren Position als in den gescheiterten Verhandlungen mit dem Konsortium aus Hochtief und IVW. Das Milliardenprojekt werde dann „viel attraktiver“ für private Kapitalgeber. Laut Senatssprecher Michael Donnermeyer arbeiten Bund, Berlin und Brandenburg an einem neuen Konzept für die von ihnen getragene Flughafengesellschaft. Details mochte er nicht nennen. „Auf jeden Fall wollen wir damit nicht warten, bis das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen ist.“

In diese Phase war der jüngste Richterspruch zum Thema Schönefeld geplatzt. Grünen-Haushälter Oliver Schruoffeneger forderte darauf, die Finanzierung gesetzlich abzusichern. Denn: „Wenn ein ähnliches Urteil auch für die Fluggastgebühr erfolgen sollte, die zur Finanzierung des Ausbaus auf allen drei Standorten geplant ist, wäre die Finanzierbarkeit akut gefährdet.“