Prozess um Bombenattrappen-Vater geplatzt

Neues Verfahren gegen Palästinenser, der bei einer Demonstration seine Kinder mit Pseudobomben ausstaffiert hatte

BERLIN taz ■ Das Berliner Landgericht hat ein Berufungsverfahren gegen den Palästinenser ausgesetzt, der im April vergangenen Jahres seine drei Kinder auf einer Pro-Palästina-Demonstration in Berlin mit Bombenattrappen ausstaffiert hatte. Im November 2002 war Mohamed El-R. wegen Billigung von Selbstmordattentaten in Israel zu fünf Monaten Haft auf Bewährung und 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. Dagegen hatte die Verteidigung des Angeklagten Berufung eingelegt.

Der Fall hatte international für Aufsehen gesorgt. „Auf meine Veranlassung“, so räumte Mohamed El-R. zu Beginn der gestrigen Verhandlung erneut ein, hätten seine damals 6, 10 und 12 Jahre alten Kinder Bombenattrappen gebaut und sie in Anspielung auf die palästinensischen Selbstmordattentäter in Israel um ihre Körper gegürtet. Fotos der Kinder und ihres Vaters auf der Demonstration gingen um die Welt und führten zu einem Aufschrei der Entrüstung. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sagte damals, „derartige Gewaltverherrlicher“ dürften in der Bundesrepublik „nicht geduldet werden“.

Mohamed El-R., der bis heute in Deutschland als Aufenthaltsstatus lediglich eine Duldung hat, wurde wegen „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“ und der Billigung von Selbstmordattentaten verurteilt. Die Richterin im gestrigen Berufungsverfahren begründete die jetzige Aussetzung des Prozesses mit „Zweifeln“, ob eine Billigung von Selbstmordattentaten ohne konkreten Bezug auf ein einzelnes Verbrechen eine Verurteilung rechtfertige. Habe der Angeklagte solche Taten lediglich im Nachhinein mit der Verkleidung der Kinder befürworten oder die Kinder sogar in Zukunft zu solchen Taten anstiften wollen? Um der Verteidigung mehr Zeit zur Vorbereitung auf die „veränderte Sachlage“ zu geben, setzte die Richterin das Verfahren aus – nach Ansicht des Verteidigers Richard Radtke werde es Monate dauern, bis das Verfahren wieder angesetzt werde.

Der Anwalt bezeichnete die Aussetzung des Verfahrens als „Teilerfolg“. Es würden nun die eigentlichen, komplexen Rechtsprobleme angesprochen. Das bisherige Verfahren habe unter einem „politischen Einschlag“ gelitten. Die spontanen Äußerungen von Politikern seien „alles Schnellschüsse“ gewesen, so der Anwalt. PHILIPP GESSLER