Klappe eins im Ersten

Kein großes Kino, aber ein verdienter Arbeitssieg für die Öffentlich-Rechtlichen. Und Delling, Delling, immer wieder Delling. Die „Sportschau“ zeigte alle 21 Tore – und einen kompetenten Moderator

von ACHIM DREIS

Der erste Spielbericht der neuen Bundesligaschau war keine 30 Sekunden auf dem Schirm, da lag die Kugel schon im Netz. Jiri Stajner, der Tscheche in Diensten von Hannover 96, hatte das erste „Sportschau“-Tor erzielt, auf Vorarbeit von Reinhold Beckmann.

Ausgerechnet Beckmann. Der „ran“-Erfinder fackelte nicht lange und trat als Übermittler der reinen Fußballlehre in Erscheinung. Ohne Schnörkel, drin war der Ball. Ein Auftakt nach Maß, das gab natürlich Selbstvertrauen. Das Runde muss schließlich ins Eckige. So hatten sie es sich vorgenommen, die Mannen von Redaktionsleiter Steffen Simon, die nach einem guten Jahrzehnt in der Zweitklassigkeit endlich wieder im Ballbesitz waren. Kompakt, kompetent und kurzweilig sollte es werden. Alle Hände voll zu tun hatten sie gehabt in der kurzen Vorbereitungsphase. Und jetzt hieß ihr Motto: Ball zeigen, Ball halten. Vor allem Ball flach halten. Die ARD präsentierte Fußball so pur, dass dem Zuschauer schnell klar war: hier gab es keinen Schönheitspreis zu gewinnen. In der neuen ARD-„Sportschau“ wurde Fußball gearbeitet.

Bei der Präsentation seiner teuren Ware verließ sich der Rechteinhaber auf Standardsituationen. Vier Minuten Studio, sieben Minuten Spiel, vier Minuten Studio, acht Minuten Spiel. Solide Hausmannskost. Es unterliefen keine sichtbaren Pannen, und Schwarzbilder wurden auch nicht gesendet – aber der geniale Einfall des Regisseurs fehlte ebenso wie die Zwischenschnitte von den Spielerfrauen. Alle Emotionen runtergepegelt wie der Ton der Stadion-Atmo. Übermotiviert dagegen die Tor-Grafiken mit sieben Informationen in vier Sekunden Sendezeit.

Doch der Ball war rund, die Sendung dauerte 90 Minuten und der Moderator erwies sich als der größte Aktivposten. Handgestoppte 23 Minuten lang zeigte die ARD bewegte Bilder mit ihrem Spielmacher. Delling, Delling, immer wieder Delling. Alle Augen waren auf Gerhard gerichtet, dessen blaues Hemd sehr schön mit der Studiofarbe harmonierte. Und Delling dribbelte sich geschickt durch die Dekoration, zeigte gutes Stellungsspiel und übte zumindest den verbalen Doppelpass mit Stargast Uli Hoeneß am gewölbten Glastisch. Nicht jeder Satz fand dabei den Mitspieler, aber Hoeneß ist eben auch kein Netzer. Wenigstens störte kein johlendes Studiopublikum Dellings kunstvoll gesponnene Gedankensprünge.

Gleich zum Auftakt hatte er ein Zeichen gesetzt und das allseits erwartete „Gutnabendallerseits“ in der Mottenkiste gelassen. Stattdessen ließ er eine Film-Klappe schlagen und textete: „Fußball-Bundesliga, die Erste, erstmals wieder im Ersten, und dazu erst mal ein herzliches Willkommen.“ Onkel Heribert Faßbender war nur mal kurz aus dem Off zu hören, gleich in der ersten Sendeminute, als er zu Schwarzweißbildern, die sich die Archivare nicht verkneifen konnten, dröhnte: „So was habe ich noch nicht gesehen.“

Diese Vorlage verpuffte ungenutzt. Man hatte alles schon mal gesehen, nur wähnte man sich zuletzt näher dran am Geschehen. Doch wenn es auch an Großaufnahmen und Superzeitlupen fehlte, immerhin war die „Sportschau“ 2003 auf allen sechs Schauplätzen präsent und zeigte alle 21 Tore des Tages. Das war ja nicht immer so, denn die oft zitierte gute alte „Sportschau“ hatte stets nur drei Berichte im Angebot – die restlichen Resultate wurden hölzern von Ergebnistafeln abgelesen.

An diese Zeiten erinnerte Spielmacher Delling, als er Altmeister Ernst Huberty zitierte und dessen Reportage vom 40 Jahre alten Spitzenspiel Schalke–Dortmund aus dem Jahre 1963 ertönen ließ. Dann gab er ab zur Werbung. Die summierte sich auf eine knappe Viertelstunde insgesamt, zum Pausentee verlas Jens Riewa die Nachrichten.

Erst in der 75. Sendeminute rollte das Topspiel des Tages über den Schirm. Waldemar Hartmann präsentierte sich als hängende Spitze aus Schalke und siezte gegen seine Gewohnheit sämtliche Gesprächspartner.

Runde 50 Minuten lang war der Ball insgesamt im Spiel. Kein großes Kino, aber ein verdienter Arbeitssieg für die Öffentlich-Rechtlichen. In der Nachspielzeit dann eine schöne Geste, als sich Delling bei Hoeneß per Handschlag bedankte, den Trikottausch aber unterließ.