Joggen im Meer

„Strände der Zukunft“: Eine Ausstellung in St.Peter-Ording zeigt Entwürfe von Architekturstudenten der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg für die Neugestaltung des Areals zwischen Wasserlinie und Deich

Ist es sich denn nicht genug, das ewigliche Meer? Muss man ihm künstlich immer neue Perspektiven abgewinnen, den Strand alljährlich neu als Kulturraum definieren, damit dem geneigten Touristen nicht öd zumute wird? Nein nein, im Sommer boomen Orte wie St. Peter-Ording, da können sie durchaus konkurrieren mit anderen Nordsee-Bädern, betont die Kurverwaltung. Aber – man hätt‘ eben gern eine ganzjährig überbordende Auslastung.

Da kam es gut zupass, dass im vorigen Wintersemester 30 ArchitekturstudentInnen der HAW Hamburg auf Anregung ihres Professors für St. Peter-Ording „Strände der Zukunft“ entwarfen. „Benutzt fühlen wir uns nicht“, sagt allerdings Sebastian Seelig, „es ist für uns eher eine der raren Gelegenheiten, uns nicht nur theoretisch mit einem fiktiven Ort zu befassen, sondern uns an den realen Gegebenheiten vor Ort zu orientieren.“

Herausgekommen ist ein vielfältiges, kunstvoll inszeniertes Spiel mit Blicken auf Wasser und Wolken, auf Ebbe und Flut, vorgeführt anhand von 14 Zeichnungen und Modellen der studentischen Zweier-Teams, die bis Ende August an zentraler Stelle in St. Peter-Ording ausgestellt sein werden.

Mit einem Laufband ist zum Beispiel der „St. Peter Triathlon“ bestückt: 42 Meter ist es lang, 500 Meter ins Meer hineingebaut, und da es in ein riesiges Panorama-Fenster mündet, hat man das Gefühl, auf ewig ins Meer hineinzulaufen. Leise Poesie klingt in solchen Modellen an, im Effekt kaum überbietbar von einem ebenfalls zum Meer hin gebauten Theater, dessen Bühnenrückwand als Panoramafenster konstruiert ist.

Doch nicht alle Modelle geben sich mit optischer Erbauung zufrieden: Der wissenschaftlichen Erkundung der Meeresfauna soll ein in die Salzwiesen eingegrabenes Museum für Naturkunde gelten; Ausstellungsräume mit Oberlichtern sollen hier die Verbindung von Theorie und Praxis erleichtern. Und in ein vier Meter hohes „Reagenzglas“ auf dem Watt kann klettern, wer das Steigen der Flut live miterleben möchte; ein leise süffisantes Spiel mit dem alljährlich zu beobachtenden Erstaunen des urlaubenden Binnenländers angesichts der Tatsache, dass das Wasser im exakt vorherberechneten, auf einschlägigen Tafeln angekündigten Moment wieder abzufließen beginnt.

Und auch wenn sich, was in dieser Ausstellung inszeniert wird, kaum mit einer flutumspülten Hallig im Winter vergleichen lässt, mag man sich doch recht abgeschieden fühlen in jenem auf Stelzen montierten Hotel, das bei Flut zu Fuß nicht mehr erreichbar ist; muss man eben mit Weiterleben warten, bis die Wasser wieder weichen ...

Spielerisch, andächtig, wahlweise auch wissenschaftlich sind die Studenten das Thema angegangen, haben mit Neuinszenierungen des Bekannten experimentiert – und sich nicht gescheut, ein paar harmlose „Kicks“ einzubauen. Natürlich, dem erfahrenen Bungee-Springer wird es kaum imponieren, sich für sechs Stunden von einer überschaubaren Menge Wassers umspült zu sehen. Aber vielleicht gibt es ja den einen oder anderen Zeitgenossen, der sich mit vergleichsweise dezenten Adrenalinstößen zufrieden gibt.

Petra Schellen

„Stände der Zukunft“: Liegehalle über der Biomaris-Trinkurhalle, St. Peter-Ording; bis Ende August