Warnen ja, Eingreifen erst spät

Die Ozonkonzentration erreicht sommerliche Höchstwerte. Die Maßnahmen dagegen sind dürftig: Der Umweltsenator warnt vor Verausgabung, Fahrverbote werden erst bei St.-Nimmerleins-Werten ausgesprochen. Arzt: UV-Strahlen sind schlimmer

taz ■ Die Autos dürfen draußen spielen, die Kinder müssen ins Haus. So sehen es die Kritiker des allzu laschen Umgangs, den Politiker und andere Verantwortliche mit dem Reiz-Thema Ozon pflegen. In Bremen wurde vorgestern die erste Warnung ausgegeben: Sportliche Großtaten sollten besser unterbleiben, Autofahrten und Rasenmähaktionen verschoben werden, mahnte der neue Umweltsenator Jens Eckhoff (CDU). Gestern gingen die Werte leicht zurück, am Wochenende sollen sie wieder steigen.

Unter dem schönen Namen „Blues“ (Bremer Luft Überwachungssystem) melden in Bremen fünf Messstationen die Ozonwerte. Die Daten sind auch im Internet unter www.umwelt.bremen.de abrufbar. Der so genannte Warn-Wert liegt bei einer Konzentration von 180 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft. Der Eingreif- oder Alarmwert, ab dem theoretisch Fahrverbote erteilt werden können, liegt bei astronomischen und bislang unerreichten 360 Mikrogramm – der Bundesumweltminister plant allerdings eine Absenkung dieses Wertes auf 240 Mikrogramm pro Kubikmeter. Im vorletzten Jahr maßen die niedersächsischen Umlandgemeinden über 200 Mikrogramm pro Kubikmeter, in Bremen werden zurzeit bis zu 160 Mikrogramm pro Kubikmeter erreicht.

Spitzenzeiten sind die frühen Nachmittagsstunden, wenn die UV-Strahlen der Sonne die Stickoxide und Kohlenwasserstoffe aus den Auspuffen und Schornsteinen dieser Stadt in das stark reizende Ozon verwandeln. Neben den Kraftfahrzeugen sind es aber auch die chemischen Reinigungen, die Lackierereien und Holzbetriebe, die mit ihren Emissionen zur Ozonbildung beitragen. Empfindliche Menschen reagieren mit brennenden Augen, trockenen, entzündeten Schleimhäuten, bei sehr hohen Werten auch mit Kopfschmerz und Schwindel.

Manche Ärzte raten deshalb dazu, an sehr sonnigen Tagen mindestens die heiklen Stunden im Haus zu verbringen: Rund die Hälfte des Ozons bleibt draußen. Der Chef der Hess-Kinderklinik am St. Jürgen-Krankenhaus, Günter Auerswald, rät dazu, geschwächte und lungenkranke Kinder dem Reizgas nicht unnötig auszusetzen. Panikmache hält er aber für übertrieben: „Viel gefährlicher ist es, Kinder ungeschützt den UV-Strahlen auszusetzen“. Ozon ätzt an den Lungenbläschen und kann, das ermittelte jüngst eine Langzeitstudie aus Österreich, das Wachstum der jungen Lungen bremsen.

Aber der unmittelbare Effekt ist nicht der einzig beunruhigende. Der Sommersmog fördert auch Allergien. Zum einen, weil Gräser- und Birkenpollen von Pflanzen im Ozonstress vermehrt freigesetzt werden, zum anderen, weil diese dann auf Atemwege treffen, die durch das Ozon bereits entzündlich sind.

So aber, wie das Leiden zum Ozon gehört, so gehört auch das Vergessen dazu. Bernd Langer, Energie-Experte beim Bund für Umwelt und Naturschutz in Bremen: „Im Herbst erinnert sich wieder keiner mehr an die sommerliche Ozon-Panik“, seufzt er. Umweltverbände mahnen aber gerade zu langfristigen Maßnahmen. Trotzdem halten die Umweltschützer auch kurzfristige Fahrverbote für angebracht. Zwar reduziere sich der Ozongehalt in der Luft bei einem Fahrverbot nicht so drastisch wie man meinen sollte, „aber die Schadstoffbelastung insgesamt wird dann geringer“, so Langer. „Schließlich verwandeln sich auch Stick- und Schwefeloxide in Säure und ätzen zusätzlich in der Lunge.“ hey