Soziale Brennpunkte

Widerspruch zwischen Vision und städtebaulicher Realität: Die Frankfurter KünstlerInnen Wiebke Grösch und Frank Metzger berichten in einem Vortrag im Lichtmeß über Recherchereise zu ehemaligen olympischen Dörfern

Was wäre aus einem Hamburger olympischen Dorf geworden, wenn die Stadt 2012 den Zuschlag für die Sommerspiele erhalten hätte? Im Rahmen des Projekts „nach olympia“ haben die Frankfurter KünstlerInnen Wiebke Grösch und Frank Metzger Antworten auf diese Frage gesucht. Beide haben ehemalige olympische Dörfer unter anderem in Berlin, München, Sydney, Seoul und Lillehammer besucht. Dabei sind sie auf einen Widerspruch zwischen olympischen Utopien und städtebaulicher Realität gestoßen. Das freundlichste Urteil fällten noch sie über das ehemalige SportlerInnendorf der Sommerspiele 1972 in München, dem sie den Charme einer Retortenstadt mit Retro-Chic attestierten.

Seoul und Sydney dagegen wurden zu aufwendig geschützten „gated communities“ mit eigenen Sicherheitsdiensten umfunktioniert, in denen sich Besitzer von Eigentumswohnungen vor ihrer Umwelt abschotten. In Grenoble, dem Austragungsort der Winterspiele von 1968, gab die Architektur nicht einmal diese Nutzung her. Dort sind soziale Brennpunkte entstanden. Insofern waren die Planer des olympischen Dorfs der Winterspiele 1980 von Lake Placid relativ realistisch, indem sie die Anlage von vornherein als das konzipierten, als das sie bis heute noch genutzt wird: als Bundesgefängnis.

Heute Abend werden Grösch und Metzler ihre Recherchen in einem Diavortrag im Lichtmeß vorstellen. Sie beschließen mit ihrem Beitrag eine Reihe von olympiakritischen Veranstaltungen, die seit Mai die Hintergründe der Hamburger Bewerbungskampagne als Teil eines stadtentwicklungspolitischen Konzepts untersucht hat. Und da der Senat mit dem Gedanken spielt, sich erneut für die Spiele 2016 zu bewerben, zeigt sich, dass nach Olympia durchaus vor Olympia sein kann.

ANDREAS BLECHSCHMIDT

heute, 19.30 Uhr, Zone/Lichtmeß