Alles nur geliehen

Was uns das ZDF nicht zeigt: Das „Wetten, dass …?“-Sommerfest in der Berliner Waldbühne bot ungeahnte Einblicke in die Arbeit des Moderators

AUS BERLIN HEIKO DILK

„Is schon was anderes, als zu Hause auf der Couch, ne?“ Das ist ein Satz, den hört man öfter, wenn man sich mit rund 20.000 Menschen aus der Berliner Waldbühne schiebt, wo soeben das „Wetten, dass …?“-Sommerfest zu Ende ging. Stimmt ja auch. Als Fernsehzuschauer entgeht einem so einiges. Zum Beispiel während der Pausen. Das sind bei der letzten großen Samstagabendshow des deutschen Fernsehens ja die Musikeinlagen. Mangels Werbung – genauer: Werbeblöcken – geht man für gewöhnlich dann aufs Klo, wenn Lionel Richie singt.

Man könnte auch gemein sein und behaupten, die Wetten seien die Pausen, aber der Gedanke kommt einem nicht, wenn man direkt vor Ort ist. Da wird gestaunt, wenn ein gewisser „Manu“ mit der bloßen Faust Bierflaschen durch ein Holzbrett hämmert. Da wird gejohlt, wenn ein Österreicher auf zwei Trompeten mit je zwei gefüllten Maßkrügen darauf zweistimmig trompetet. Und wenn er die „Berliner Luft, Luft, Luft“ intoniert, dann wird nicht mehr bloß rhythmisch geklatscht, nein, dann flattern die Ellenbogen, und der ganze Oberkörper wippt dazu auf und ab, als wollten die Klatscher von ihren Bänken aufsteigen, hoch über die Waldbühne, dorthin, wo die tolle Seilbahnkamera über die 20.000 Zuschauer hinwegsaust.

Nur in den Musikpausen lässt die Aufmerksamkeit etwas nach. Dann wird Bier geholt und alles Mögliche weggebracht, weil es nun mal das „Wetten, dass …?“-Sommerfest ist. Da gibt es sogar Bratwurststände.

Dabei lohnt es sich auch dann am Platz zu bleiben. Während Sie, liebe Zuschauer zu Hause, nämlich immer auf Toilette sind und vielleicht noch einen Abstecher in die Küche machen, lässt der Gottschalk sich das Make-up auffrischen und die Locken nachtoupieren. So ist das.

An diesem Abend war Michael „Bully“ Herbig der bedauernswerte erste Gast. Während Alanis Morissette – Lionel Richie kam später – so tun musste, als sänge sie, musste Herbig ganz allein auf der großen Couch ausharren. Was ihm zumindest in Block E das Mitleid des Publikums einbrachte: „Guck mal, jetzt sitzt er da ganz alleine.“ Und das nur am Rande: Im Fernsehen sieht die Morissette viel größer aus. Nadja Auermann hingegen wirkt live noch viel „magersüchtiger“ als auf der Mattscheibe. Und der Dirk Nowitzki, dieser NBA-Basketballer aus Würzburg, boah, das ist ein Riese.

Aber vor allem der Anfang und das Ende sind die Momente, die dem anwesenden Publikum ganz alleine gehören: Als etwa Gottschalk vor der Sendung in einem Regencape – und noch in anderen Schuhen als später in der Sendung – aus der Kulisse trat, um dem Publikum persönlich einzuheizen. Er brachte den ein oder anderen politisch unkorrekten Witz, begrüßte die anwesende Prominenz und kumpelte mit dem Publikum. Er merkte an, dass zu Hause niemand merken solle, dass die Völler-Begrüßung („Es gibt nur ein Rudi Völler“) einstudiert war. Außerdem ließ er die Fans ein paar Fotos von sich machen und fettete sich mit dem Labello-Stift eines Zuschauers die Lippen ein. Und er borgte sich von einem Gast die Schuhe – denn seine weißen seien schon bei den Proben vom Waldbühnenmatsch ruiniert worden. Erst nach Ende der Sendung gab er sie zurück. Da kam er noch mal raus, entledigte sich der Schuhe mitten auf der Bühne, wedelte damit in Richtung Publikum, um dann gar auf Strumpfsocken nach unten zu laufen und sie wieder auszutauschen.

So einer ist der Thommy. Und davon kann man noch Wochen später den Daheimgebliebenen erzählen. Is eben schon was anderes als im Fernsehen.