kochen mit kulinarischer knalltüte von RALF SOTSCHECK
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Ein „britischer Meisterkoch“ ist so etwas wie ein „deutscher Fußballstar“ – beide sind Wunschträume. Dennoch wird Gordon Ramsay in Großbritannien als Großmeister der Küche gefeiert. Nun hat man dem unsympathischen Flegel auch noch zwei Fernsehsendungen anvertraut, in denen er andere Leute fertig machen kann – ein Metier, in dem er wirklich Großmeister ist.

In der vierteiligen Serie „Ramsays Küchenalbträume“ auf Channel 4 beleidigt er so viele Leute wie möglich, wobei seine Flüche wenig fantasievoll aus Variationen des Wörtchens „fucking“ bestehen. Allerdings benutzt er es manchmal wenigstens als Einschub, so beim südwalisischen Ort Abergavenny, den er wegen seines Restaurants als „Abergafuckingvenny“ abqualifiziert. Noch schlechter erging es „Bonaparte’s“ in Silsden in Yorkshire. Dort will Ramsay etwas im Kühlschrank gefunden haben, das aussah wie „Schafsscheiße, die von Ameisen heimgesucht“ wurde. Seine vernichtende Kritik behielt er aber während der Dreharbeiten für sich. Sue Ray, die Besitzerin, lud daher nichts ahnend das ganze Dorf ins Restaurant ein, als die Sendung im Fernsehen lief. „Danach herrschte eisige Stille im Laden“, sagte Ray zum Observer. Seitdem kam kein einziger Gast mehr, die Leute im Ort machen sich lustig über Ray, der Arzt hat ihr Antidepressiva verschrieben. Inzwischen musste sie Bankrott anmelden. Der Küchenalbtraum hat hohe Einschaltquoten. Fast genauso hoch ist die Quote bei Ramsays „Höllenküche“, einer lächerlichen, an „Big Brother“ angelehnten Fernsehshow auf ITV, bei der längst vergessene Halbprominente ein letztes Mal ins Fernsehen dürfen und um die Wette kochen müssen, bis sie aus der Küche hinausgewählt werden. Edwina Currie zum Beispiel, die ehemalige Tory-Ministerin, die einmal einen Sturm der Entrüstung entfachte, weil sie sämtlichen britischen Eiern eine Verseuchung mit Salmonellen bescheinigte. Ein anderes Mal entfachte sie einen Sturm der Belustigung, weil sie eine Affäre mit dem schon zu Amtszeiten vergessenen Premierminister John Major eingestand. Früher hat man in der Halle an der Londoner Brick Lane, in der Ramsays Show der letzten Hoffnung gedreht wird, menschliche Leichen ausgestellt. Bei der Höllenküche sind es die Leichen aus Showbusiness und Politik.

Ramsay schrieb neulich im Observer, dass er seine vier Kinder nicht in seine Restaurants lasse, weil das Essen dort zu reichhaltig und ungesund für Kinder sei. Stattdessen geht er einmal in der Woche mit den Kindern in die Altölbraterei an der Ecke und bestellt ihnen Cola und Fast Food. Er hat den Kids versprochen, Mutti nichts davon zu verraten – deshalb schreibt die Knalltüte darüber in einer Sonntagszeitung. Es ist Ramsay wichtig, „wertvolle Zeit mit meinen Kindern“ zu verbringen. In der Imbissbude. „Dort kann ich ohne Ablenkung die Wand anstarren und in mein Diktiergerät sprechen“, schreibt er. Er plant ein Buch mit dem Titel „Mamis Liebling“, in dem er seine kulinarischen Kindheitserlebnisse mit denen seines eigenen Nachwuchses vergleicht. Vermutlich haben seine Eltern anständig gekocht und sich beim Essen mit ihm unterhalten und nicht mit einem Diktiergerät.