Mickys Geheimnis

Der klamme TSV 1860 München hat dank Miroslav Stevic einen Investor gefunden. Der frühere Spieler ist jetzt Sportdirektor

AUS MÜNCHEN SEBASTIAN KRASS

Seine Pressekonferenzen auf dem Vereinsgelände hält der TSV 1860 München traditionell in einem Container ab. An diesem Dienstagmittag war der Raum zum Bersten gefüllt. Journalisten waren da, aber auch Fans, Vereinsmitarbeiter, auch der Busfahrer. Dem zarten Hinweis des Pressesprechers, alle Nicht-Reporter möchten doch bitte rausgehen, folgte immerhin ein Mann – allerdings unter der Bedingung, dass die Tür offen bleibe: „Ihr habt es doch schön warm drinnen.“ Das fand der Pressesprecher in Ordnung. So ist sie, die bunte Welt der Löwen.

„Schließlich haben wir eine ganze Menge an Informationen“, sagte Vereinspräsident Rainer Beeck. Das erste Anliegen war ihm, über den Investor zu sprechen, mit dem die „Trendwende“ gelingen soll. Es sei nicht, wie am Morgen in den Zeitungen gestanden hatte, ein Finanzinvestor mit Sitz auf den Virgin Islands, sondern ein ganz seriöser Geschäftsmann: Nicolai Schwarzer, Inhaber der Schwarzer-Unternehmensgruppe in Berlin, die vor allem in Immobilien macht. Und außerdem, sagte Beeck, werde man die Führung des täglichen Geschäfts künftig auf zwei Säulen stellen: einen Geschäftsführer für das Wirtschaftliche und einen Sportdirektor. Bisher hatte Stefan Reuter beides in Personalunion erledigt. Nun stand der neue Sportdirektor Miroslav „Micky“ Stevic neben Beeck. „Mit Herrn Reuter sind wir im Gespräch über sein verändertes Aufgabenfeld. Wir würden ihn gern gewinnen“, dichtete Beeck.

Dummerweise hatte Stefan Reuter aber zehn Minuten vor Beginn der Pressekonferenz den Journalisten und Fans mitgeteilt, dass er beurlaubt sei und somit seine Zeit bei 1860 München vorbei. „Aus vielen Gründen kann ich das Angebot, das mir nicht einmal konkret vorliegt, nicht annehmen“, sagte der Weltmeister von 1990. Die Verhandlungen mit dem Investor hatten bereits seit Monaten hinter dem Rücken des Geschäftsführers stattgefunden. „Nur das Präsidium und die Aufsichtsratsvorsitzenden waren involviert“, gab Beeck zu. Am Freitag wurde der Vertrag mit dem Geldgeber unterzeichnet.

Über die Höhe des Investments wollten die anwesenden Vorstände sich nicht äußern. Nur so viel: Es sei ein Darlehen, man habe keine Anteile abgetreten. Mit dem Geld soll sukzessive die Mannschaft verstärkt werden, um in der nächsten Saison den Aufstieg zu schaffen. Die erste Tranche ist schon geflossen, mit ihr verpflichtete Stevic am Montag auf Leihbasis seine zwei Landsleute Antonio Rukavina und Nikola Gulan.

Die Situation der Löwen ist fatal, sportlich wie wirtschaftlich. In der zweiten Liga hat der Verein ein strukturelles Defizit von 3 Millionen Euro und ist auf Dauer nicht überlebensfähig. Es sind vor allem die Kosten für die Arena, die wie ein Mühlstein am Hals der Löwen hängen. Zudem steht 1860 im Moment nur auf Rang 11.

Stevic ist der Vertrauensmann des neuen Investors. Warum, weiß man nicht. Seit Ende seiner aktiven Karriere war Stevic Spielerberater. Sein einziger Klient: Mönchengladbachs Marko Marin. Diesen Job will Stevic nun aufgeben. Zudem hatte er sich und einen Investor vor einem Dreivierteljahr schon einmal bei 1860 ins Spiel gebracht. „Der Investor wollte seine Identität nicht preisgeben. Deshalb kam das für uns nicht in Frage“, sagt Präsident Beeck. Allerdings erklärte sein Vize Michael Hasenstab, der Kontakt zur Schwarzer-Gruppe sei über den gleichen Vermittler zustande gekommen, mit dem man auch beim Anonymus zu tun hatte. Man weiß also nicht, ob Schwarzer vielleicht sogar dieser Anonymus ist. Das würde erklären, warum er unbedingt Stevic wollte. Eins steht fest: Die Welt bleibt bunt.