Straffreiheit bei Waffenabgabe

Türkisches Parlament verabschiedet Gesetz über Teilamnestie für Kämpfer der PKK

ISTANBUL taz ■ Mit großer Mehrheit hat das türkische Parlament am Dienstagabend ein so genanntes „Gesetz zur gesellschaftlichen Reintegration“ beschlossen, das eine Teilamnestie für Mitglieder bewaffneter politischer Organisationen vorsieht. Obwohl das Gesetz auch Mitgliedern der islamistischen Hisbullah oder Anhängern rechtsradikaler Gangs die Möglichkeit bietet, aus der Illegalität wieder aufzutauchen, zielt es vor allem auf die Angehörigen der kurdischen PKK-Kadek, die sich seit dem von PKK-Chef Abdullah Öcalan erklärten Waffenstillstand 2000 überwiegend in die Berge im Nordirak zurückgezogen haben.

Die rund 5.000 PKK-Kämpfer sind ein Hauptstreitpunkt zwischen der Türkei und den USA. Vor und nach dem Krieg begründete Ankara die Präsenz türkischer Truppen im Nordirak damit, die PKK weiter kontrollieren zu wollen. Seit Kriegsende fordert Ankara von der US-Armee, gegen die PKK-Kadek-Camps vorzugehen. Es sei inakzeptabel, so die türkische Regierung, dass Washington „Terroristen“ in einem von der US-Armee kontrollierten Gebiet duldet.

Doch statt militärisch gegen die PKK vorzugehen, drängte Washington auf eine politische Lösung. Das Ergebnis ist das jetzige begrenzte Amnestiegesetz. Danach sollen alle PKK-Mitglieder, die nicht persönlich an Überfällen auf türkische Armee- oder Polizeiposten beteiligt waren, straffrei zurückkehren können, wenn sie ihre Waffen niederlegen. PKK-Mitgliedern, die geschossen haben, wird eine Strafminderung bis zu zwei Dritteln in Aussicht gestellt, wenn sie mit den Behörden kooperieren. Von der Amnestie ausgenommen sind Führungskader der PKK respektive der anderen Organisationen, auf die das Gesetz zutrifft. Das türkische Innenministerium geht davon aus, dass von 5.000 PKKlern im Nordirak die Hälfte straffrei zurückkehren könnte. Die Reduzierung der Strafe kann auch inhaftierten PKKlern zugute kommen.

Die PKK und die legale kurdische Partei Dehap haben gegen das Gesetzesprojekt protestiert. Monatelang hatte die Dehap für eine Generalamnestie geworben und eine Million Unterschriften gesammelt. Die Partei will eine mit einer Generalamnestie verbundene Versöhnungsinitiative des türkischen Staates mit seiner kurdischen Minderheit. Darauf will sich die türkische Regierung nicht einlassen. Auch wenn unter dem Druck der EU kurdisches Fernsehen und Unterricht in Kurdisch erlaubt werden soll, will die Regierung die Kurden offiziell nicht als Minderheit anerkennen. JÜRGEN GOTTSCHLICH