Simbabwe torpediert seine Landreform

Nach der Enteignung der weißen Großbauern sollen nun auch die schwarzen Kleinbauern, denen das Land der Weißen angeblich zugedacht war, ihr Land an den Staat verlieren. Regierung plant langfristige Pachtverträge statt Eigentumstitel

AUS HARARE GODFREY KARORO

Simbabwes Regierung hat sich in ihrer andauernden Landreform etwas Neues ausgedacht: die Verstaatlichung sämtlichen Landbesitzes. John Nkomo, Minister für Landreform und Umsiedlung, erklärte kürzlich, die Regierung wolle sämtliche Eigentumstitel für landwirtschaftlich genutztes Land mit Pachtverträgen über 99 Jahre ersetzen; für Naturschutzzwecke gäbe es Pachtverträge über 25 Jahre. In Reaktion auf die darauf folgende allgemeine Verwirrung präzisierte Informationsminister Jonathan Moyo, der Plan gelte nur für solches Land, das im Rahmen der laufenden Enteignung von kommerziellen Farmen im Besitz von Weißen an den Staat übergegangen sei. „Existierende Formen des Grundbesitzes bleiben in Kraft und rechtsgültig“, so Moyo. „Land, das unter dem Schnellverfahren zur Landreform akquiriert wurde, geht automatisch an den Staat und Nutznießer kriegen Pachtverträge.“

Doch auch die eingeschränkte Form der Verstaatlichung überrascht, trifft sie doch gerade die schwarzen Bauern, denen Simbabwes Regierung mit der Enteignung weißen Farmlandes eigentlich helfen wollte. Die Regierung hat in den letzten vier Jahren fast alle der rund 4.500 weißen Farmer Simbabwes enteignet, um das Land an landlose Schwarze zu übergeben. Nach amtlichen Angaben haben über 300.000 Schwarze dadurch Land erhalten. Eine Regierungskommission fand aber kürzlich heraus, dass es in Wirklichkeit nur 150.000 waren und das davon weniger als die Hälfte das Land auch tatsächlich bearbeiten. Nun sollen sie nur noch Pächter des Staates sein.

Die größten Nutznießer der „Landreform“ waren ohnehin Regierungsmitglieder und hochrangige Staats- und Parteifunktionäre. Manche holten sich mehr als eine Farm in der Hoffnung, nach der Vergabe der neuen Eigentumstitel davon welche weiterverkaufen zu können und viel Gewinn zu machen. Die anvisierte Verstaatlichung wird allerdings Veräußerung von Land so gut wie unmöglich machen. So ist zu erwarten, dass noch mehr enteignete Farmen jetzt brachliegen werden als bereits der Fall ist.

Für die neuen Kleinbauern, die ohnehin schon unter dem Fehlen staatlicher Unterstützung stöhnen, kommt die neue Politik wie ein Schlag ins Gesicht. „Wenn das Land verstaatlicht wird, ist unser Anspruch auf die Farmen nicht gesichert“, sagt Eddie Mandava, der am Stadtrand von Harare Mais anbaut. „Wer soll die Regierung daran hindert, Staatsland an irgendwelche Leute neu zu vergeben? Dies ist das Ende der kommerziellen Landwirtschaft in Simbabwe. Banken werden die Pachtverträge nicht als Sicherheit akzeptieren, genauso wenig wie bisher das kommunale Landeigentum in den Dörfern.“ Auch Davidson Mugabe, Vorsitzender der schwarzen Bauernvereinigung ZCFU (Zimbabwe Commercial Farmers Union) fühlt sich betrogen, da die schwarzen Bauern Landeigentum als Sicherheit brauchen, wenn sie Bankkredite wollen.

Manche Agrarexperten meinen jedoch, dass die Vergabe von Langzeitpachtverträgen statt Eigentumstiteln wenig Unterschied machen dürfte. „Ob eines besser ist als das andere, hängt von anderen Dingen ab: Unterstützung für einzelne Farmer“, sagte der Agrarwissenschaftler Sam Moyo und wies darauf hin, dass viele der nach Sambia, Mosambik und Nigeria ausgewanderten Weißen dort auch nur Pachtverträge hätten.

Doch in Simbabwe ist die Rechtsunsicherheit viel größer. Das enteignete Farmland ist oft mit hohen Krediten belastet, und die enteigneten weißen Farmbesitzer haben zumeist noch ihre alten Eigentumstitel. Diese werden international weiterhin als rechtsgültig anerkannt und liegen zu großen Teilen schon längst bei den Banken. Die meisten der Alteigentümer hoffen, dass eine zukünftige Regierung in Simbabwe ihnen die Farmen irgendwann zurückgibt – so wie in Uganda die asiatischen Geschäftsleute, die 1972 von Idi Amin hinausgeworfen wurden, vom heutigen Präsidenten Yoweri Museveni Mitte der 90er-Jahre ihr Eigentum zurückerhielten.

Die neuen schwarzen Farmer müssen sich unterdessen an Kreditgesellschaften wenden, die auch ohne Sicherheit leihen – zu schlechteren Bedingungen als die Banken. Die Gesellschaften bedienen sich aus der Ernte, mit fetten Zinsen, und zahlen den Bauern nur einen Restbetrag aus.