Unzulässiger Kundenfang

Eine Bremerhavener Marketingfirma wirbt für Tageszeitungen mit Telefonanrufen um Kunden. Das ist in vielen Fällen verboten, aber weder Verlage noch Werber scheren sich darum

VON FELIX ZIMMERMANN

Sie sitzen in Bremerhaven in der Nähe des Neuen Hafens und telefonieren von da aus munter durch die Gegend. Sie melden sich nie mit dem Namen ihres Unternehmens „B&K Verlagsservice“, sondern nehmen die Identität ihres jeweiligen Auftraggebers an. Mal melden sie sich mit „Schönen guten Tag, hier ist die Nordsee-Zeitung ...“, mal als Vertreter der Nordwest-Zeitung in Oldenburg. Die Anrufer müssten demnach gespaltene Persönlichkeiten haben, aber das ist Teil ihres Jobs: Die B&K Verlagsservice GmbH ist von mehreren deutschen Tageszeitungen beauftragt, in deren Namen auf Kundenfang per Telefon zu gehen.

Die B&K-Mitarbeiter werben in den Anrufen für Schnupper-, Probe- und Voll-Abonnements. Sie operieren auf dem heiklen Gebiet des Telefonmarketings: Wer nicht ausdrücklich sein Einverständnis gegeben hat, dass er zwecks Werbung angerufen werden kann, darf nicht angerufen werden. Diese Art der Werbung stellt nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eine unzumutbare Belästigung dar. Darunter fällt auch die so genannte Nachfasswerbung: Wer einmal ein Zeitungsabo hatte und es gekündigt hat, darf ebenfalls nicht angerufen werden. Er soll davon ausgehen können, dass mit der Abo-Kündigung die geschäftliche Beziehung beendet ist.

Ex-Abonnenten der Nordwest-Zeitung können davon nicht ausgehen. Sie werden – mitunter einmal monatlich – weiter angerufen und von den stets freundlich-agilen B&K-Mitarbeitern, die sich mit „Schönen guten Tag, hier spricht die Nordwest-Zeitung...“ vorstellen, von den Vorzügen eines Abonnements überzeugt. Man könne sich ja auch erstmal für ein Probeabo entscheiden, heißt es dann. Derzeit werden drei Wochen NWZ für fünf Euro verschleudert, eine 12-tägige „Leseprobe“ gibt es sogar kostenlos. Die Zeitung hat wie viele Blätter mit stetig erodierenden Verkaufszahlen zu kämpfen: Zwischen dem vierten Quartal 2007 und dem vierten Quartal 2008 hat das Blatt 400 Abonnenten verloren, der Einzelverkauf sinkt. In der Stadt Oldenburg, mit ihren 160.000 Einwohnern, in der die NWZ als Monopolistin agiert, verkauft sie gerade noch 40.425 Exemplare. Die sinkenden Zahlen erzeugen Druck, da nimmt man es offenbar nicht so genau mit dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Nur wer ist verantwortlich?

B&K-Geschäftsführer Björn Becker sagt, sein Unternehmen sei „nur Dienstleister“ und verweist auf die NWZ als Auftraggeberin. Von dort kämen auch die Adressdateien. „Die dort aufgeführten Kunden werden von uns nachgearbeitet, ob Interesse an einem Schnupper-Abo oder einer Leseprobe besteht“, sagt Becker. Das Gesetz sei ihm bekannt, „selbstverständlich rufen wir nicht wahllos Leute an“. Bezieher eines Kurz-Abos hätten auf den Bestellkarten ihr Einverständnis mit Werbeanrufen gegeben, bei der NWZ seien diese Karten zur Kontrolle archiviert.

Aber was ist mit den ehemaligen Vollabonnenten, die von B&K im Auftrag der NWZ angerufen werden? Becker sagt, die NWZ führe eine schwarze Liste mit denen, die erklärt hätten, dass sie nicht angerufen werden wollten. Laut Verbraucherschutzzentralen ist das aber nicht nötig: Nachfasswerbung ist unzulässig, auch ohne Erklärung. Becker weiß das wohl und sagt: „Man kann uns schon eine gewisse Mitschuld geben.“ Die NWZ dagegen schweigt. Wie immer, wenn es um unangenehme Vorgänge im eigenen Haus geht.