Politikrentner mit Verhandlungsgeschick

Der ehemalige finnische Ministerpräsident Harri Holkeri wird neuer Chef der UN-Mission im Kosovo

Ein Finne. Dies scheint das Patentrezept zu sein, wenn die EU, Russland und die USA es schwer haben, sich auf einen Kandidaten für einen UN-Posten im Kosovo zu einigen. Nun wird Harri Holkeri Chef der UN-Mission im Kosovo (Unmik). Finnland gehört nicht der Nato an und gegen finnische KandidatInnen gibt es meist weder aus Moskau noch aus Washington Widerstand.

Das war hoffentlich nicht das einzige Kriterium, warum sich Kofi Annan nun für den 66-jährigen Politrentner entschieden hat. Holkeri soll weit unten auf der Kandidatenliste gestanden haben und kam erst ins Rennen, nachdem auch seine Landsfrau Elisabeth Rehn abgewinkt hatte.

Tatsächlich sucht man internationale Erfahrung in seinem Lebenslauf vergeblich. Selbst wenn er von 1995 bis 1998 Mitglied der internationalen Mitchell-Kommission zur Entwaffnung der nordirischen Bürgerkriegsparteien war und dafür mit einem Ehren-Adelstitel – „Honorary Knight Commander of the Order of the British Empire“ – ausgezeichnet wurde.

Harri Holkeri ist ein typischer Repräsentant der alten finnischen Kaste von Berufspolitikern, die Nutznießer eines speziellen Pensionssystems waren und sind, das sie sich selbst zurechtgezimmert hatten. Aus Staats- oder Parteiposten entfernt, wartete nicht etwa eine „normale“ Arbeit, sondern man konnte immer damit rechnen, auf einem gut honorierten Posten als Aufsichtsrat oder Bankdirektor den Abschied vom Politikdasein versüßt zu bekommen.

Zu diesen Glücklichen, die im Volksmund die, die „die Füße auf dem Tisch haben und Lakritz futtern“ genannt werden, hatte sich Harri Holkeri schon als 40-Jähriger gesellt. Als seine konservative Sammlungspartei, in der er seine politische Laufbahn als Vorsitzender der Jugendorganisation startete, ihn 1978 als Parteivorsitzenden abschieben wollte, bekam Holkeri einen der begehrten „speziellen“ Direktorenposten bei „Finnlands Bank“. Die formale Verantwortung für deren Grundstücksgeschäfte sah laut bösen Zungen praktisch so aus, dass er sich intensiv persönlich um die Skihütten der Bank in Lappland kümmerte.

Der zeitweilige Rücksturz in die stressige und schlechter entlohnte Politik kam 1987, als ihn seine Partei als Ministerpräsidentenkandidaten für eine große Koalition brauchte. Diese reichte von den Sozialdemokraten und Liberalen bis zur rechtsnationalen Landschaftspartei. Diese Legislaturperiode ist den FinnInnen wegen vieler Skandale und Korruptionsaffären in Erinnerung geblieben. Zudem war es die Regierung Holkeri, die mit Einschnitten ins soziale Netz die insoweit noch unschöneren Neunzigerjahre einläutete.

Bei den Wahlen 1991 wurden sowohl die konservative Sammlungspartei als auch Holkeri von den WählerInnen mit einer Rekordniederlage abgestraft. Und Harri Holkeri durfte sich seither wieder auf Aufsichtsratsposten erholen, nachdem er auch noch zweimal vergeblich zum Staatspräsidenten kandidiert hatte.

Der ruhige Mann, der sich betont langsam artikuliert, bringt aber eine möglicherweise wichtige Voraussetzung für seinen Unmik-Posten mit. Ihm werden Verhandlungsgeschick, Hartnäckigkeit und Ausdauer nachgesagt. „Wirklich viel Glück!“ wünschte ihm Pierre Schori, der eigentlich vorgesehene schwedische Unmik-Kandidat, den die USA ablehnten. Das wird Holkeri brauchen. REINHARD WOLFF