Schalke scheitert an Enke

In der ersten Bundesliga besiegt Hannover 96 den FC Schalke mit 1 : 0. Dass der erst seit kurzem genesene Robert Enke eine so gute Leistung ablieferte, verwunderte selbst Trainer Dieter Hecking

VON CHRISTOPH ZIMMER

Er sei noch nicht bei 100 Prozent, hatte Torwart Robert Enke dreieinhalb Monate nach seinem Kahnbeinbruch betont. Doch auch weniger Prozente reichten aus, dem Sinn suchenden Bundesligisten Hannover 96 nach der graugrauen Hinrunde wieder Sicherheit und eine Perspektive zu verleihen.

Dass der Rückrundenauftakt gegen den bislang ebenfalls weit hinter den eigenen Erwartungen zurückgebliebenen FC Schalke 04 an diesem Samstagnachmittag mit 1 : 0 (1 : 0) gewertet wurde, hatten sie nicht zuletzt auch Enke zu verdanken. „Dass er zu diesem Zeitpunkt schon zu so einer Leistung imstande sein würde, hätte ich nicht gedacht“, zeigte sich Hannovers Trainer Dieter Hecking überrascht. „Seine Ausstrahlung ist für die ganze Mannschaft sehr wichtig“, weiß Mitspieler Christian Schulz.

Dass diese dringend gebraucht wird, zeigten die ersten Minuten, in denen die orientierungslos wirkenden Mario Eggimann und Frank Fahrenhorst die Nahtstelle in der Innenverteidigung nicht schließen konnten. Jefferson Farfán, Levan Kobiashvili, zweimal Gerald Asamoah und Heiko Westermann gingen jedoch allzu verschwenderisch mit den aussichtsreichen Möglichkeiten um.

„Wir waren anfangs etwas nervös“, gab Sergio Pinto zu. Der rechte Verteidiger hatte gleich die erste Gelegenheit der Gastgeber mit einer sehenswerten Direktabnahme zur glücklichen Führung genutzt (8.). „Das Tor aber hat uns Selbstvertrauen gegeben“, sagte er.

Hannover spielte fortan kompakter, die zu Beginn zahlreichen Fehler im Spielaufbau wurden weniger – kreative Momente blieben aber Mangelware. Dabei hatte sich Hecking für die Offensive entschieden. Nach andauernder Systemkritik in der Hinrunde bevorzugte er das Spiel mit nur einem Stürmer, hatte er in Jiří Štajner und Mike Hanke gleich zwei Spitzen aufgeboten.

Während sich Hannover darauf beschränkte, das Ergebnis zu verwalten und nur zaghafte Versuche zu unternehmen, die Entscheidung herbeizuführen, hatte sich Schalkes Trainer Fred Rutten nach der Einwechslung von Kevin Kuranyi für das Spiel mit drei Stürmern entschieden. Der erfrischende Vorwärtsdrang fand seine Grenzen allerdings in dem Unvermögen, selbst beste Gelegenheiten fahrlässig zu vergeben – oder eben in Enke.

„Wir lassen selbst die klarsten Chancen aus“, sagte Asamoah, also einer, der es wissen musste. Schalke ist damit in ein Verhaltensmuster zurückgefallen, das eigentlich der Vergangenheit angehören sollte; das Spiel der ungenutzten Möglichkeiten bedeutet nach der enttäuschenden Hinrunde jedenfalls einen weiteren Rückschlag im Kampf um einen Platz unter den ersten drei. „Das Ergebnis ist ein Riesenrückschlag“, erklärte Rutten leicht angefressen.

Das Aufeinandertreffen zweier Mannschaften, in denen die Integration der kostspieligen Neuverpflichtungen sportlich nicht abgeschlossen ist und das Anspruchsdenken sich nicht nachhaltig in Punkten niedergeschlagen hatte, haben also die Gastgeber für sich entschieden. „Wenn man mit so einem wichtigen Sieg in die Rückrunde kommt, ist das ein Moment, den die Mannschaft gebraucht hat“, sagt Hecking. An den Verbleib von Kreativspieler Szabolcs Huszti glaubt er nur bedingt. Gestern abend gaben die Verantwortlichen den Wechsel bekannt: Huszti spielt ab sofort für den russischen UEFA-Cup-Sieger Zenit Sankt Petersburg. Auch Hamburg hatte großes Interesse an einer sofortigen Verpflichtung gezeigt.

Für Robert Enke war es einfach „ein schönes Gefühl, nach so einer langen Zeit wieder zu Null zu spielen“. Entgegen seines ansonsten sachlichen Torwartspiels war er froh, „wenn man auch mal einen Ball spektakulär halten kann“.

Bundestorwarttrainer Andreas Köpke wird es sich auf der Tribüne notiert haben. In Kürze wird für das Länderspiel gegen Norwegen nominiert. Er weiß, dass Enke, nicht nur zum Wohle von Hannover 96, bis dahin noch einige Potenzialprozentpunkte hinzugewonnen haben dürfte.