Durchgefallen und durchgedreht

Ein TU-Student bestand eine Studienarbeit nicht und soll seinen Professor daraufhin mit dem Tod bedroht haben

Wer durch eine Prüfung fällt, ist selten begeistert. Doch nur wenige reagieren so rigide wie der Luft- und Raumfahrtstudent S. an der Technische Universität. Der 32-Jährige hatte im Dezember eine Studienarbeit nicht bestanden und soll daraufhin seinem Professor gedroht haben, ihn durch zwei palästinensische Kämpfer umbringen zu lassen. Tags darauf war er mit einem Küchenmesser auf dem Campus aufgetaucht und hatte einen Wachmann verletzt. Seit gestern muss sich S. dafür vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Bedrohung, gefährliche Körperverletzung und versuchten Totschlag vor.

S. studierte seit 1993 an der TU und schaffte nach Angaben seines Professors Jürgen Thorbeck sein Grundstudium trotz minimaler Deutschkenntnisse. Er habe kaum mit Kommilitonen gesprochen, scheu gewirkt und sei aus verschiedenen Arbeitsgruppen geflogen. Zuletzt hatte er nicht einmal mehr einen festen Wohnsitz. Offenbar schlief er zwischenzeitlich auf dem Campus, versteckte sich in Computerräumen und wusch sich auf den Toiletten. Vom Unipersonal bekam er daher Hausverbot. S. studierte dennoch weiter, musste sein Hauptstudium aber aufgrund einer zehnmonatigen Haftstrafe wegen Körperverletzung unterbrechen.

Eine Studienarbeit im Fach Luftfahrzeugbau holte er hinterher nach, fiel aber durch, weil sie sprachlich kaum verständlich gewesen sei, sagt Thorbeck vor Gericht. Der Professor bestätigt, dass bei S. „durchaus intellektuelle Fähigkeiten vorhanden sind“. So habe S. eine mündliche Prüfung mit „gut“ bestanden und sei „fähig, logisch zu denken“. Über das Hausverbot war Thorbeck nicht informiert. Daher habe er S. auf dessen Bitten hin eine Bescheinigung ausgestellt, die den Zugang zu den Computerräumen erlaubte.

Nachdem Thorbeck den Studenten über die nicht bestandene Arbeit telefonisch informiert hatte, sei S. in seinem Büro aufgetaucht, habe ihn angeschrien und indirekt bedroht. In der folgenden Nacht gingen Droh-E-Mails bei Thorbeck ein, die von der Mailadresse des Studenten ausgingen. Tags darauf wurde S. auf dem TU-Gelände von der Polizei festgenommen, aber nach Feststellung der Personalien wieder freigelassen. Am folgenden Tag wurde er mit einem Messer in der Hand hinter dem Institutsgebäude gestellt. Bei einem Kampf wurde ein Wachmann verletzt, S. ließ trotz mehrfacher Schläge ins Gesicht das Messer nicht los. Ein Zeuge beschreibt ihn als „fest entschlossen und aggressiv“.

Der bedrohte Professor kann sich einen politischen Hintergrund bei S. nicht vorstellen. „Der wirkte hilflos“, sagt Thorbeck vor Gericht.

Laut Verteidiger Peter Feldkamp deuten psychiatrische Gutachten auf verminderte Schuldfähigkeit hin. Der Angeklagte spreche aber kaum mit ihm und den Gutachtern: „Die Kommunikation mit ihm ist nicht einfach.“ Mit einem Urteil ist Anfang Juli zu rechnen.

OLIVER TRENKAMP