Total Schaaf: Deutschland gerettet!

Die bessere Wahrheit, exklusiv in der taz: Der Mann, der aus Werder den Meister machte, wird Nachfolger von Rudi Völler. Eine Lizenz zum Trainieren hat er und auch sonst spricht vieles für ihn. WM-Spiel nun doch in Bremen?

Der Anruf kam gestern am späten Vormittag. Nach rund eineinhalbstündigen Geheim-Verhandlungen an einem unbekannten Ort war die Sache klar: Thomas Schaaf, noch amtierender Trainer des Deutschen Meisters und Pokalsiegers Werder Bremen, wird neuer Coach der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. DFB-Chef Gerhard Mayer-Vorfelder (71) und sein Präsidium ziehen ihn, den stillen, beharrlichen, bescheidenen Newcomer aus dem Norden, dem mediengerechten badischen Schmallippler Otmar Hitzfeld vor. Der war bis zuletzt als heißester Kandidat für die Rudi Völler-Nachfolge gehandelt worden. Offenbar aber gab es im DFB-Präsidium von Anfang an auch Skeptiker.

„Was der deutschen Mannschaft fehlt ist Motivation, Einsatz und Teamfähigkeit“, so eines der dienstältesten Präsidiumsmitglieder, das seinen Namen verständlicherweise nicht in der Zeitung lesen möchte: „Und ich bezweifle, ob Hitzfeld der richtige ist, um ihnen das beizupulen.“ Schaaf dagegen gilt als der große „Mannschaftsintegrator“. Ihm ist es gelungen, im schnelllebigen und wechselhaften Bundesligageschäft eine Mannschaft zu zimmern, die auch nach dem Training noch etwas miteinander zu tun haben will. Und die statt – wie Olli Kahn – am Abend Tierfilme zu gucken lieber mal ein Bier miteinander trinkt. Trotzdem ist in der Bremer Mannschaft Platz für Stars: Die Geduld, mit der Schaaf einen Helden wie Ailton großgezogen hat, hat ihm Respekt in ganz Bundesliga-Deutschland eingebracht. Daneben fördert und fordert er den Nachwuchs, der sich dafür mit Hochleistungen bedankt – siehe Christian Schultz.

Thomas Schaaf, der erst nach langem Bitten zu Verhandlungen bereit war, ist auch am späten Nachmittag „immer noch ganz daddeldu von dem Gespräch und dem, was es bedeutet“. Er habe eine Weile gebraucht, „um zu kapieren, was Mayer-Vorfelder da von mir will“. Erst habe er gedacht, er solle einen Personalvorschlag für den Trainer-Job machen. „Aber dann hab‘ ich kapiert, dass es um mich geht.“ Schaaf war geistesgegenwärtig genug, um Bedingungen zu stellen: „Ich will, dass mindestens ein WM-Spiel 2006 in Bremen stattfindet“, soll er zu Mayer-Vorfelder gesagt haben. Obwohl Bremen da eigentlich leer ausgehen sollte. Der wolle nun sehen, was er machen könne.

Von Henning Scherf, dessen Sprecher Klaus Schlösser irgendwie Wind von der Sache bekommen hatte, regnete es sogleich Glückwünsche. „Mein lieber Thomas, ich hab schon immer gewusst, dass aus dem nochmal was ganz Großes wird!“, soll er entzückt ausgerufen haben. Und:„Der kann sogar Englisch!“ „Bremer in aller Welt, so will es unsere hanseatische Tradition“, wird Scherf zitiert. Außerdem denke er nun darüber nach, doch noch länger als bis 2005 im Amt zu bleiben, um die Schaaf-geführte WM noch zu erleben. Ob allerdings auch an dem Gerücht etwas dran ist, dass Schaaf und Scherf versuchen wollen, das Zuwanderungsrecht noch einmal zu reformieren, um so ein paar ausländische Spieler in den Nationalkader holen zu können, darf bezweifelt werden.

Während die Bremerinnen und Bremer – und sicher auch die Werder-Profis – Schaaf mit einem lachenden und einem weinenden Auge ins Nationale verabschieden werden, gibt es einen, der darüber grummelt: Theaterintendant Klaus Pierwoß hatte mit seinem Duz-Freund und Griechenlandtrainer Otto Rehagel bereits große Pläne geschmiedet: Als Kulturbeauftragter der WM 2006 wollte er zusammen mit Rehagel dem Fußball eine neue Note geben. Daraus wird mit dem soliden, rein sportlich orientierten Schaaf jetzt wohl nichts. Elke Heyduck